Die liechtensteinische Souveränität
zwischen Rheinbund und Wiener Kongress
im Spiegel der Geschichtsschreibung
Fabian Frommelt
«Was bleibt dem Schwachen anderes übrig, als die Vorteile und
Gewinne, die wie Späne vom politischen Arbeitstisch der Grossen
fallen, zu verlesen und zu sammeln ?»!
Die liechtensteinische Geschichte des frühen 19. Jahrhunderts, Rhein-
bund und Wiener Kongress, Napoleon und Fürst Johann I., Souveräni-
tät und innere Reform sind zentrale Themen im historischen Schaffen
Georg Malins. Ihnen widmete er mit der 1953 erschienenen Dissertation
und den Aufsätzen zur liechtensteinischen Souveränität (1955, 2007) und
zur Aussenpolitik (1973) seine gewichtigsten Arbeiten zur neueren
Geschichte? — welche allerdings in seinem weit vielfältigeren, auch Früh-
geschichte und Archäologie, Kunst und Politik umfassenden Lebens-
werk vielleicht nicht den ersten Platz einnehmen.
Mit der Souveränität griff Georg Malin ein - wenn nicht das — Kar-
dinalproblem der politischen Geschichte Liechtensteins auf, das bis
heute in wesentlichen Punkten ungelöst ist. Obwohl das Thema seit dem
frühen 19. Jahrhundert die Aufmerksamkeit einer ganzen Reihe an
Geschichtsschreibern und Historikerinnen aus dem In- wie aus dem
Ausland auf sich zog, konnte die zentrale Frage bislang nicht überzeu-
1 Georg Malin, Die politische Geschichte des Fürstentums Liechtenstein in den Jah-
ren 1800-1815, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechten-
stein (im Folgenden JBL), Bd. 53, Vaduz 1953, S. 5-178, hier S. 146.
2 Malin (Anm. 1); Ders., Die Souveränität Liechtensteins, in: JBL 55, Vaduz 1955,
S. 5-22; Ders., Bemerkungen zu 150 Jahre Liechtensteinische Aussenpolitik, in: Bei-
träge zur liechtensteinischen Staatspolitik, Liechtenstein Politische Schriften (im
Folgenden LPS), Bd. 2, Vaduz 1973, S. 49-55; Ders., 200 Jahre souveränes Fürsten-
tum Liechtenstein, in: Dieter Langewiesche (Hrsg.), Kleinstaaten in Europa, LPS
42, Schaan 2007, S. 225-250.
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