Volltext: Vom frühen Frauenstudium zum späten Frauenwahlrecht in der Schweiz und Liechtenstein

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des Staatsgerichtshofes zu dem legendären Flugblatt der „Aktion Dornröschen“ und der, auf Initiative 
der „Dornröschen“ gegründeten, „Männer für das Frauenstimmrecht“: Das „Quadratschädel - 
Flugblatt“ wurde an alle Haushalte gesandt. Abgebildet war die Zeichnung eines quadratischen 
Gesichts mit Punkten und Strichen. Dazu die Aufschrift „Quadratschädel (Schädel)2 = Schädel im 
Quadrat. Quadrat, Spitz oder Oval Ihre Kopfform ist uns egal. Für ein allgemeines Stimm- und 
Wahlrecht“. 
Das Flugblatt führte zu heftigen Reaktionen und hatte ein kabarettreifes gerichtliches Nachspiel zur 
Folge. Unter der Begründung, dass das Impressum nicht korrekt, d.h. explizit, mit den Worten 
„Drucker und Verleger“ versehen war, wurde Klage geführt. Aufgrund des Staatsschutzgesetzes 
verurteilte das F.L. Obergericht die Künstlerin Regina Marxer am 6. Juli 1983 zu einer Geldbusse. 
Wie die Amerikanerin Susan Brownell Anthony im Jahre 1872 verweigerte auch sie die Bezahlung 
einer ungerechtfertigten Geldbusse: 100 Franken oder zwei Tage Arrest, plus CHF 200 
Pauschalgebühren. 1985 wurde sie deswegen gar „illegal“ verhaftet, ohne zuvor betrieben worden zu 
sein, weil sie als „unbetreibbar“ eingetragen war. Erst im Januar 1986 wurde der Rechtsstreit, 
mangels Unterstützung durch die Öffentlichkeit, durch Bezahlung der Strafe (durch einen Anwalt) 
beigelegt. Dazu ist anzumerken, dass bis zu diesem Zeitpunkt diese Bestimmung nicht geahndet 
wurde. Auch Postwurfsendungen der beiden vom Jahre 1939 bis 1997 in wechselnden Koalitionen 
regierenden Parteien wurden ohne Impressum versandt. Auch war ein Kleber der 
Frauenstimmrechtsgegner mit der Aufschrift „Ich bin froh ein Quadratschädel zu sein“ nicht mit 
Impressum versehen, was ebenfalls keinerlei Anklage zur Folge hatte. 
  
Liechtenstein wurde 1978 in den Europarat aufgenommen mit der Absichtserklärung, das 
Frauenstimmrecht môglichst bald zu verwirklichen. Auf dieses Versprechen Bezug nehmend, gelangte 
die „Aktion Dornröschen“ an die vom 25.-27. Mai 1982 in Liechtenstein tagende Kommission für 
Wirtschafts- und Entwicklungsfragen des Europarates. Anfang Juni 1982 schlug die Regierung die 
Unterzeichnung der Europäischen Menschenrechtskonvention, unter Vorbehalt des 
Frauenstimmrechtes etc., vor, zu deren Ratifizierung es im September 1982 kam. 
  
  
Die Strassburgreise 
Am 27. September 1983 fuhren zwölf Frauen nach Strassburg, um die Parlamentarier und 
Parlamentarierinnen des Europarates über das fehlende Frauenstimmrecht in Liechtenstein aus der 
Sicht der Betroffenen zu informieren. Das Vorgehen der Liechtensteinerinnen erinnert an das der 
Schweizer Frauen von 1968. Die Frauen ersuchten die Delegierten des Europarates, „alles in ihrer 
Macht Stehende zu unternehmen, um die liechtensteinischen Politiker zu veranlassen, die Einführung 
des allgemeinen Stimm- und Wahlrechts in Liechtenstein vorbehaltloser und engagierter als bisher 
voranzutreiben“. Vor allem kam es zu einer Unterstützung durch die schweizerische Parlamentarierin 
Gertrude_Girard-Montet. Die in Strassburg durchgeführte Aktion wurde in Liechtenstein äusserst 
negativ kommentiert und die Frauen u.a. als „Nestbeschmutzerinnen“ bezichtigt. 
Es steht für mich jedoch ausser Zweifel, dass der Eintritt des Fürstentums Liechtenstein in den 
Europarat 1978, verbunden mit den Strassburg-Aktionen 1983/84 in Liechtenstein den 
Durchbruch brachte und dass der Durchbruch des Frauenstimmrechtes auf Bundesebene in der 
Schweiz dem Beitritt zum Europarat im Jahr 1963, verbunden mit den Aktionen 1968/69, zu 
verdanken ist. 
Am 29. Juni und 1. Juli 1984 wurde die dritte Máünnerabstimmung in Sachen Frauenstimmrecht 
durchgeführt. Bei einer Stimmbeteiligung von 86,2396 wurde das Frauenstimmrecht mit 51,35 Ja zu 
48,776 Nein angenommen, d.h. 2370 zu 2251 Stimmen. Liechtenstein besitzt zwei Wahlkreise, das 
Oberland, das entspricht der ehemaligen Grafschaft Vaduz, und das Unterland, welches der 
ehemaligen Herrschaft Schellenberg entspricht, die in Folge des Hexenwahns und des daraus 
resultierenden Zwangsverkaufs, sowie deren Erwerb durch das Haus Liechtenstein 1719 zum 
Reichsfürstentum Liechtenstein erhoben wurde. Im Wahlkreis Oberland fiel die Entscheidung áusserst 
knapp aus. Lediglich drei Stimmen machten den Entscheid.
	        

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