rung eines Schulrates als Lokalschulbehörde“ (1864); „Gesetz über die Errichtung eines
Landesschulrats“ (1869); ,Pensionsgesetz für die Elementarschullehrer" (1870); „Gesetz
betreffend die Rechtsverháltnisse der Lehrpersonen an den Elementarschulen" (1900) — im
Jahr 1916 wurde dieses auf die ,Hóheren Lehranstalten" erweitert. (vergl. Martin 1984, S.40)
Nicht vergessen werden sollte, dass das Schulgesetz von 1859 auch vor dem Hintergrund
eines politischen Paradigmenwechsels steht: Sieben Jahre zuvor wurde der Zollvertrag mit
Österreich errichtet — was Liechtenstein für einige Jahrzehnte ,in der (besonderen) Gefolg-
schaft Ósterreichs" (Raton, 1969, 38ff) verbleiben liess. Weiters stand das Schulgesetz am
Beginn der 71(!) -;jáhrigen Regentschaft des Fürsten Johann ll, der als ,hervorragender Ty-
pus des aufgeklárten Fürsten" bezeichnet wird und unter dessen Regie auch die vom Histo-
riker (ebd.) als modern und liberal" bezeichnete Verfassung von 1862 zustande kam.
Die Tatsache, dass das besagte Schulgesetz ,dem wichtigen österreichischen Reichsvolks-
schulgesetz von 1869 um zehn Jahre vorausging" ist auch für Graham Martin (1984, S.40)
bemerkenswert und mag Indiz dafür sein, dass in einem kleinen Land bestimmte Entwick-
lungsprozesse rascher von statten gehen® als in grósseren Verwaltungskomplexen — wie
das benachbarte grosse „Kaiserthum Österreich“ einen solchen darstellte.
Eine Vorreiterrolle Liechtensteins — bzw. die Tatsache, dass Liechtenstein auch in der Bil-
dungspolitik immer wieder eigenständige Wege zu gehen im Stande war und ist — lässt sich
bis in die Gegenwart verfolgen. So wird etwa 2003 auf die ,Pionierrolle Liechtensteins inner-
halb der EDK" im Hinblick auf die Abschaffung der Notenbeurteilung in der Primarschule hin-
gewiesen (vergl. Roos 2003, S.2599)97.
4.4.1 Ökonomisierung der Schule: Die Wirtschaft als neuer Player
Die Schulentwicklung wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begleitet von einem
wirtschaftlichen und sozialen Aufschwung, den die liechtensteinische Gesellschaft mit dem
Ausklingen der Feudalherrschaft erfuhr (vergl. Raton 1969, S. 45 ff). Auch die Infrastruktur
habe sich gut entwickelt: neue Verkehrswege, die Etablierung eines Bankenwesens, die Er-
richtung von Postämtern und eines Fernsprechnetzes, der Bau einer Bahnlinie, usw. (ebd.)
Passend beschreibt auch Helmut Fend die zeitgenössischen Rahmenbedingungen des Bil-
dungswesens: “Schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in dem der Kampf zwi-
schen den religiösen und den politischen Funktionen der Schule noch im vollen Gange war,
gesellte sich als mächtige dritte Kraft die Wirtschaft hinzu“ (Fend 2006, S.183).
85Das kann nach Expertise des Autors im Hinblick auf Nachhaltigkeit jedoch auch ein Nachteil sein, da
Errungenschaften genauso schnell wieder verfliessen kónnen...
SOnlineverzeichnis 33
Dem damit zusammenhängenden Projekt ,Schülerbeurteilung und Schulentwicklung" (SBSE) An-
fang der 1990er Jahre ist hier spáter ein eigenes Kapitel gewidmet.
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