Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Konstitutionelle Verfassung von 1862 
samtheit der Landesangehörigen und als solches berufen sei, «deren 
Rechte gegenüber im Verhältnisse zur Regierung nach den Bestimmun- 
gen der Verfassungsurkunde geltend zu machen und das allgemeine Wohl 
des Fürsten und des Landes [...] möglichst zu befördern». 
4. Bindung und Beschränkung der fürstlichen Gewalt 
Auch wenn der Landtag kein Selbstversammlungs- und kein Selbstauf- 
lösungsrecht hat ($ 90) und der Landesfürst nach wie vor «alle Rechte 
der Staatsgewalt» in sich «vereinigt» ($ 2), ist charakteristisch, dass der 
Landesfürst sich gleichwohl nicht mehr aus der verfassungsrechtlichen 
Bindung zurückziehen und die Verfassung selbständig ändern bzw. auf- 
heben kann. Die Verfassung ist zwar ein Zugeständnis des Fürsten, aber 
ein endgültiges. Verfassungsänderungen sind nur noch mit, nicht aber 
gegen den Landtag möglich ($ 121).2” Sie sind entgegen dem umfassend 
bekundeten Souveränitätsanspruch nur im Verfassungsänderungsverfah- 
ren unter Beteiligung des ebenfalls zur Ausübung der gesetzgebenden 
Gewalt berufenen Landtages, d. h. mit dessen einhelliger Zustimmung 
oder mit drei Viertel der anwesenden Mitglieder in zwei nacheinander 
folgenden ordentlichen Landtagssitzungen zulässig. Aus diesem Grund 
ist der Landesfürst nach Inkraftsetzung der Verfassung auch nur noch 
pouvoir constitu€ (verfasste Gewalt), d. h. Verfassungsorgan.?® 
Konzeptionell wirkte die Konstitutionelle Verfassung gegenüber 
der fürstlichen Staatsgewalt in erster Linie als Beschränkung. So wird 
denn auch die konstitutionelle Monarchie nicht nur als eine verfassungs- 
mässige, sondern auch als eine von parlamentarischer Mitbestimmung 
beschränkte Monarchie aufgefasst.2°® 
Mit dem Übergang zur konstitutionellen Monarchie wurde auch 
die patrımoniale Auffassung des Staates «als Bündelung monarchischer 
Herrschaftsrechte» endgültig überwunden, da die Verfassung nicht mehr 
einseitig vom Fürsten zurückgenommen werden konnte. Der Staat hat 
  
207 Vgl. auch Stefan Korioth, «Monarchisches Prinzip», S. 41. 
208 Werner Heun, Die Struktur des deutschen Konstitutionalismus, S. 374. Hier zeigt 
sich die Widersprüchlichkeit des Systems. 
209 Stefan Korioth, «Monarchisches Prinzip», S. 51 f. 
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