Spätabsolutistische Verfassungsphase
Das Volk kam sich entrechtet vor. Die Dienstinstruktionen führten zu
einer von oben angeordneten Umgestaltung der Verfassungsverhältnisse.
Im Schrifttum ist von einer «Revolution von oben» die Rede,” die sich
nachhaltig auf die staatliche und politische Ordnung ausgewirkt hat. Die
Dienstinstruktionen stellten eine neue Ära dar, die abrupt gegen die
Widerstände der Untertanen, die ihr altes Recht verteidigten, mit der
Vergangenheit gebrochen hat. Auch wenn sie nicht im eigentlichen Sinn
als Verfassung bezeichnet werden können, sind sie doch Ausdruck poli-
tischer Herrschaftsgewalt, die vor allem in organisatorischer Hinsicht
Entscheidungen von grundlegender Bedeutung trifft.“
2. Stellung des Fürsten
Fürst Johann I. tritt ganz im Stile des absoluten Monarchen und Lan-
desherrn auf“! und beseitigt aus eigener Machtvollkommenheit den Lan-
desgebrauch (Landammannverfassung), den «das so nöthige wie er-
spriessliche Werk der künftigen Landesverfassung» ersetzen soll. Die
Aufhebung der Landammannverfassung erscheint unter diesen Umstän-
den als Konsequenz der vom Fürsten beanspruchten Souveränität,? die
ihm ohne Einschränkung die Rheinbundakte zusicherten.® Das Alte
38 Alois Ospelt, Die Landesbeschreibung des Landvogts Josef Schuppler, Einleitung,
$. 212.
39 Georg Malin, Politische Geschichte, S. 58; siehe auch Georg Schmidt, Fürst Johann
I., S. 408 und 410, der von einer «ungeheuren» bzw. «entscheidenden» Zäsur spricht.
40 Formulierung in Anlehnung an Dieter Gosewinkel /Johannes Masing, Die Verfas-
sungen in Europa, S. 1; zum Rechtscharakter der Dienstinstruktionen siehe Herbert
Wille, Staat und Kirche, S. 34 f.; Paul Vogt, Verfassungsdokumente Liechtensteins,
Einleitung, S. 297 f.; Cyrus Beck, Der Vorbehalt des Gesetzes der liechtensteini-
schen konstitutionellen Verfassung von 1862, S. 37.
41 Vgl. Georg Malin, Politische Geschichte, S. 49 f.; Georg Schmidt, Fürst Johann T.,
S. 411.
42 Karl von In der Maur, Feldmarschall Johann Fürst von Liechtenstein, S. 172 spricht
in diesem Zusammenhang von einem «neubegründeten Verhältnis der Souveränität».
43 Siehe Art. 26 i. V. m. Art. 25 RBA; Reinhard Mussgnug, Der Rheinbund, S. 264. Vgl.
auch Brigitte Mazohl-Wallnig, Sonderfall Liechtenstein, S. 13 f., die auf den Unter-
schied zwischen der traditionalen Landeshoheit im Rahmen der Reichsverfassung
und der modernen Souveränität im Rahmen des Rheinbundes aufmerksam macht.
Es werde mit der «geteilten Souveränität» gebrochen, denn Fürst und Volk, Kaiser
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