Bestellung und Entlassung der Mitglieder der Regierung
$11 BESTELLUNG UND ENTLASSUNG
DER MITGLIEDER DER REGIERUNG?®
I. Rechtslage vor der Verfassungsrevision von 2003
Damit es zu einer Ernennung bzw. Abberufung der Regierung bzw.
eines Regierungsmitgliedes kommen kann, ist es Voraussetzung, dass der
Landtag einen Vorschlag für die Ernennung der Regierung oder eines
Regierungsmitgliedes macht bzw. einen Antrag für die Abberufung der
Regierung oder eines Regierungsmitgliedes stellt und der Landesfürst
zustimmt.?® Stimmt er einem Vorschlag nicht zu, unterbleibt eine
Ernennung?” bzw. lehnt er einen Antrag ab, tritt eine Abberufung nicht
ein. Der Landesfürst kann aber weder allein eine Regierung einsetzen
bzw. Regierungsmitglieder bestellen, noch kann er ohne Antrag des
Landtages über eine Amtsenthebung befinden.?® Beispiele aus der jJün-
geren Staatspraxis bestätigen dies: Solange der Fürst einem Amtsenthe-
bungsantrag des Landtages nicht stattgibt, bleibt die Regierung bzw. das
entsprechende Regierungsmitglied im Amt. Es kann nicht zur Entlas-
sung kommen. Das Gleiche gilt auch für den Fall, dass der Landtag kei-
295 Vorne S. 337 ff. ist unter dem Blickwinkel der Alleinzuständigkeit des Landesfürs-
ten die Entlassung der Kollegialregierung bzw. der (Gesamt-)Regierung behandelt
worden. Siehe auch schon die Ausführungen vorne S. 212 ff. Hier geht es in erster
Linie um die Befugnisse des Landesfürsten bei der Bestellung und Entlassung ein-
zelner Mitglieder der (Kollegial-)Regierung.
296 Zu den in der Literatur vertretenen Lehrauffassungen siehe Walter Kieber, Regie-
rung, Regierungschef, Landesverwaltung, S. 296 ff. und Christine Weber, Gegen-
zeichnungsrecht, S. 309 ff.; vgl. auch Herbert Wille, Der parlamentarische Charak-
ter der Regierung, S. 11 ff.
297 Der Landesfürst kann nur eine vom Landtag vorgeschlagene Person zum Regie-
rungsmitglied ernennen. Es geht zu weit, wenn Otto Ludwig Marxer, Die Organisa-
tion der obersten Staatsorgane, S. 18, 41 f. und 94 die Auffassung vertritt, der Fürst
sei «gezwungen, einen Regierungschef zu bestellen, der vor allem dem Landtag
passt». Der Vorschlag und die Ernennung sind nach ihm «nur sekundär, fast nur noch
die Erfüllung einer Förmlichkeit. Den ganzen materiellen Einfluss auf die Bestellung
der Regierung hat der Landtag.» Dieser Standpunkt hat wohl einen politischen An-
strich und erklärt sich vor dem Hintergrund der Verfassungsauseinandersetzungen
von 1921 um die Regierung, insbesondere um die Person des Regierungschefs. Vgl.
auch Ernst Pappermann, Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein, S. 107.
298 Zur Thematik der Amtsenthebung der Regierung siehe die Stellungnahme der
Regierung an den Landtag vom 26. November 2002, Nr. 135/2002, 5. 38 ff., die die
verschiedenen Rechtsansichten, die in der Lehre vertreten werden, auflistet.
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