Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Einleitung 
ständischen Verfassungsrates. Sie stellten eine Zwischenlösung dar und 
bedeuteten ein Entgegenkommen des Fürsten. Sie sollten die Zeit bis zur 
endgültigen Annahme der Verfassung überbrücken. Sie traten vorläufig 
an die Stelle der Landständischen Verfassung von 1818 und leiteten die 
konstitutionelle Verfassungsperiode ein, die bis 1852 dauerte. Vorerst 
konnten frei gewählte Volksvertreter, der sogenannte Landrat, bei den 
«Finanz- sowie bei anderen zu erlassenden Gesetzen» mitwirken. Das 
heisst, dass sie nur mit seiner Zustimmung Gültigkeit erlangen konnten. 
Nachdem das Projekt eines gesamtdeutschen Nationalstaates gescheitert 
war und im Oktober 1851 auf Bundesebene der Reaktionsausschuss 
tätig wurde, nahm Fürst Alois II. diese «provisorischen Verfassungsbe- 
stimmungen» im Reaktionserlass vom 20. Juli 1852 wieder zurück, da sie 
sich, wie er erklärte, mit den «gegenwärtigen Verhältnissen» nicht mehr 
vereinbaren liessen, sodass die Landständische Verfassung von 1818 wie- 
der in Kraft trat. Die Bundespolitik, die eine Angelegenheit des Fürsten 
war und die in Abstimmung mit Österreich erfolgte, war zu einem gros- 
sen Teil auch Verfassungspolitik. 
Neben dem Gedankengut der Paulskirchenverfassung beeinflusste 
die Reaktionszeit, die sich ganz dem monarchischen Prinzip verschrieb 
und die Position der Volksvertretung schwächte, in zunehmendem 
Masse den konstitutionellen Verfassungsgang und begrenzte damit auch 
die Reform der Monarchie. Der Verfassungsentwurf des ständischen 
Verfassungsrates vom 1. Oktober 1848 hatte noch die Staatsgewalt zwi- 
schen Fürst und Volk geteilt. Der Landtag repräsentierte das Volk. Ihm 
gebührte in der Gesetzgebung der Vorrang gegenüber dem Fürsten, dem 
nur mehr ein suspensives Veto zukommt. 
Die von Fürst Johann I1.!5 am 27. September 1862 sanktionierte 
Konstitutionelle Verfassung, das «neue Staatsgrundgesetz», räumte zwar 
der «künftigen Landesvertretung eine grössere Einflussnahme auf die 
Gesetzgebung und auf die innere Verwaltung» ein, wie sich dies in der 
konstitutionellen Verfassungsbewegung abgezeichnet hatte. Die Volks- 
vertretung ist aber nicht oberste gesetzgebende Behörde. Es gibt keine 
Verantwortlichkeit der fürstlichen Regierung bzw. des Landesverwesers 
gegenüber der Volksvertretung. Der Landesverweser ist und bleibt Die- 
ner des Fürsten. Bezeichnend ist denn auch die Äusserung des Landes- 
15 Zuseiner Person siehe Evelin Oberhammer, in: Historisches Lexikon, Bd. 1,5. 541 ff. 
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