Parlamentarische Regierungsteilhabe
einzelnen Regierungsmitglieds,?! der aber wiederum gegenüber dem
Zuständigkeitsbereich der Gesamtregierung abzugrenzen ist.22 Die
Trennlinie gibt die Zuständigkeit vor. In Bereichen, in denen ein Regie-
rungsmitglied zuständig ist, ist es auch verantwortlich. Das gilt auch für
die Kollegialregierung. Ist sie zuständig, gibt es kein einzelnes zuständi-
ges Regierungsmitglied.?
Die Verantwortlichkeit der Regierung und ihrer Mitglieder ist als
Rechtsinstitut erstmals in Art. 80 der Verfassung von 1921 festgeschrie-
ben worden.?* Es ist an die Stelle des persönlichen Regiments des Fürs-
ten getreten? wie es noch unter der Konstitutionellen Verfassung von
1862 galt. Der Landtag wird an der Exekutivgewalt des Fürsten beteiligt.
Es steht ihm ein Mitbestimmungsrecht zu, das in der Parlamentarisierung
der Regierung zum Ausdruck kommt. Sie schliesst dementsprechend
eine parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung ein, die aber in
der Konsequenz nicht so weit geht, dass der Landtag die Regierung allein
entlassen kann. Die Entlassung aus dem Amt setzt wie die Regierungsbe-
stellung ein einvernehmliches Vorgehen von Fürst und Landtag voraus,
m. a. W. wie dies dem Regierungssystem entspricht, zu dem sich die par-
lamentarische Verantwortlichkeit als Gegenstück erweist.
Die in Art. 80 Abs. 1 neu festgelegte Regelung, wonach die Befug-
nis zur Ausübung des Amtes erlischt, wenn die Regierung das Vertrauen
des Landesfürsten oder des Landtages verliert, erinnert einerseits an das
251 Vgl. Meinhard Schröder, Bildung, Bestand und parlamentarische Verantwortung,
S.1155 Rz. 57. Klaus Stern, Staatsrecht, Bd. IT, S. 318 ff. nimmt eine Zurechenbar-
keit zu jedem einzelnen Regierungsmitglied an. Gegen diese Auffassung spricht, so
Meinhard Schröder, «dass das Erfordernis der persönlichen Zurechenbarkeit, wenn
es in concreto nicht erfüllt ist, zu bedenklichen Verantwortungslücken führen
müsste und darüber hinaus auf die Kabinettsverantwortlichkeit (für Liechtenstein:
Regierungsverantwortlichkeit) schwer übertragbar ist.» Er schlägt daher vor, die
persönliche Zurechenbarkeit nur bei der Geltendmachung der Einstandspflicht zu
berücksichtigen.
252 Vel. Art. 83, 89, 90, 91 und 92 LV.
253 Vgl. Klaus Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 319.
254 Vgl. auch Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 300.
255 Aus der Sicht der Ministerverantwortlichkeit kann die Gegenzeichnung von Akten
des Landesfürsten, beispielsweise von Gesetzen und Verordnungen ($ 94 Amtsin-
struktion von 1862), durch den Landesverweser kaum als Beschränkung des Lan-
desfürsten in der Ausübung der Staatsgewalt betrachtet werden, da der Landesver-
weser sein Beamter war, den er nach seinem Willen ernennen und entlassen konnte.
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