Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Konstitutionelle Praxis 
handelt, in denen sich beide für zuständig halten. Es ging etwa, um Bei- 
spiele zu nennen, einerseits um das Petitionsrecht an den Landesaus- 
schuss, an den zwei Gemeinden gelangt waren, und andererseits um das 
Recht des Landtages, selber im amtlichen Blatte («L. Volksblatt») über 
die öffentlichen Landtagsverhandlungen zu berichten. Landesverweser 
Friedrich Stellwag von Carion bestritt ein Petitionsrecht an den Landes- 
ausschuss. Ein solches existiere nicht. Er nahm auch für die Regierung die 
offizielle Berichterstattung über die Landtagsverhandlungen im amtli- 
chen Blatte in Anspruch, die dazu einzig und allein befugt sei, und sprach 
dem Landtagsplenum und dem Landtagsbüro die Berechtigung ab. Zur 
Diskussion stand mit anderen Worten die verfassungsrechtliche Stellung 
des Landesausschusses bzw. des Landtages. Eine Entscheidungsinstanz, 
wie sie in $ 122 KV 1862 vorgesehen ist und während des Deutschen 
Bundes das Bundesschiedsgericht darstellte, gibt es nicht mehr.*5 
Eine Einigung in diesen Fragen kam unter der Vermittlung des vor- 
maligen Landesverwesers Karl von In der Maur zustande.“7 Albert 
Schädler zeichnet in einer Rückschau am Ende des 19. Jahrhunderts ein 
positives Bild von der Landtagsarbeit bzw. der Zusammenarbeit zwi- 
schen dem Landtag und der fürstlichen Regierung.*® Er betont die Rolle 
  
456 Siehe das Votum des Abgeordneten Dr. Wilhelm Schlegel in der Landtagssitzung 
vom 30. Juli 1895, in: Beilage zu LVolksblatt Nr. 35 vom 30. August 1895. Zu seiner 
Person siehe Rudolf Rheinberger, in: Historisches Lexikon, Bd. 2, S. 850. 
457 In der Erklärung des Landtages heisst es: «Mit der Annahme des von der Regierung 
vorgelegten Gesetzes über den Wirkungskreis des Landesausschusses erklärt der 
Landtag zugleich, dass darin die gesetzliche Festlegung der bis zum Jahre 1894 ge- 
pflogenen Übung erblickt und daher seine in dem Beschlusse vom 30. Juli d.J. ausge- 
sprochenen Beschwerden betreffend die Kompetenzen des Landesausschusses als 
behoben betrachtet. Nachdem ferner die fürstl. Regierung die offizielle Erklärung 
abgegeben hat, dass nunmehr die Veröffentlichung der Landtagsberichte in der bis 
Ende 1894 durch das Landtagsbüro geübten Weise erfolgen könne und dass ausser- 
dem dem Landtage zu jeder Zeit das Recht zustehe, die Protokolle der öffentlichen 
Landtagssitzungen auch im amtlichen Blatte zu verlautbaren, sind die ebenfalls am 
30. Juli vom Landtage vorgebrachten Beschwerden als erledigt anzusehen.» Vgl. Al- 
bert Schädler, Landtag, JBL Bd. 4 (1904), S. 45 und zur Verfassungsänderung das Ge- 
setz vom 29. Dezember 1895 betreffend ergänzende Bestimmungen über den Wir- 
kungskreis des Landesausschusses, LGBl. 1896 Nr. 2. Danach können, «insolange 
der Landtag nicht versammelt ist», auch an den Landesausschuss «in dringenden und 
wichtigen Fällen und unter der Voraussetzung, dass der gesetzliche Wirkungskreis 
der fürstlichen Behörden nicht umgangen wird», Petitionen gerichtet werden. 
458 Albert Schädler, Landtag, JBL Bd. 4 (1904), S. 45. 
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