Volltext: Zukunft Steuerstandort Liechtenstein

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Erläuterungen zu den Gesetzesartikeln 
l. Allgemeine Bestimmungen 
Zu Art. 1 - Gegenstand 
In dieser Bestimmung wird der Gegenstand des Steuergesetzes definiert. 
Zu Art. 2 - Begriffe und Bezeichnungen 
In Art. 2 werden die steuerlich relevanten Begriffe definiert. 
In Abs. 1 Bst. a wird der Betriebsstattenbegriff neu und in Anlehnung an internationale Grundsätze definiert. Der Begriff der Be- 
triebsstátte spielt zukünftig in der Abgrenzung der liechtensteinischen Steuerhoheit eine zentrale Bedeutung, da bei Vorliegen 
einer Betriebsstätte im Inland eine beschränkte Steuerpflicht begründet wird. Wie international üblich definiert Satz 1 zunächst 
allgemein, was unter einer Betriebsstätte zu verstehen ist. In Satz 2 folgt dann eine nicht abschliessende Aufzählung von Ein- 
richtungen, die unter den grundsätzlichen Voraussetzungen des Satzes 1 jedenfalls eine Betriebsstätte begründen. Vorbehalten 
bleibt die Eingrenzung des innerstaatlichen Betriebsstättenbegriffs durch allfällige Doppelbesteuerungsabkommen. Aus diesem 
Grund wurde auch darauf verzichtet, Neben- und Hilfstätigkeiten vom Betriebsstättenbegriff auszunehmen. 
In Abs. 1 Bst. b wird neu ein Anknüpfungspunkt der unbeschränkten Steuerpflicht definiert. Natürliche Personen sind unbe- 
schränkt steuerpflichtig, wenn sie entweder einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Aus diesem 
Grund werden zukünftig diese beiden Begriffe klar und in Anlehnung an internationale Prinzipien definiert. So wird nach Abs. 1 
Bst. b ein Wohnsitz im Inland begründet, wenn jemand im Inland eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schlies- 
sen lassen, dass er die Wohnung zum dauernden Verbleib innehat. Es kommt dabei nicht darauf an, dass er die Wohnung im 
Eigentum hat, Besitz, z.B. durch Miete, aber auch bei unentgeltlicher Nutzungsüberlassung, reicht hierfür aus. Umgekehrt 
begründet eine Wohnung in Liechtenstein, die im Eigentum steht, aber zur Vermietung angeboten wird, keinen Wohnsitz, da es 
am Tatbestandsmerkmal des dauernden Verbleibs mangelt. 
Auch ohne Wohnsitz wird eine natürliche Person unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie im Inland ihren gewöhnlichen Auf- 
enthalt hat (Abs. 1 Bst. c). Dieser liegt dort, wo jemand sich nicht nur vorübergehend aufhält. Ab einem Aufenthalt von mehr 
als sechs Monaten Dauer kann von einem gewöhnlichen Aufenthalt ausgegangen werden. Bei der Ermittlung der Dauer des 
zusammenhängenden Zeitraums sind dabei kurzfristige Unterbrechungen, beispielsweise zu Urlaubszwecken oder bei Ge- 
schäftsreisen, unberücksichtigt zu lassen. Entscheidend ist die Intention, wiederholt an einen bestimmten Ort zurückzukehren. 
Aus Vereinfachungsgründen wird durch Satz 3 bestimmt, dass der Aufenthalt zum Zwecke des Besuches einer Lehranstalt und 
die Unterbringung in einer Erziehungs-, Versorgungs- oder Heilanstalt sowie der Kur- und Ferienaufenthalt bis zu zwölf Mo- 
naten nicht zu einem gewóhnlichen Aufenthalt — und damit nicht zur Steuerpflicht — führen. Die Steuerpflicht aufgrund eines 
Wohnsitzes bleibt davon natürlich unberührt. 
Abs. 1 Bst. d und Bst. e definieren die Anknüpfungsmerkmale der unbeschránkten Steuerpflicht für juristische Personen. Im 
neuen Gesetz wird diese Abgrenzung nach den international üblichen Kriterien des Ortes der tatsächlichen Verwaltung und 
des Sitzes vorgenommen. Nach Abs. 1 Bst. d wird der Ort der tatsáchlichen Verwaltung bestimmt. Hierfür ist der Mittelpunkt 
der unternehmerischen Oberleitung massgebend. Der Ort, an dem strategische Leitungsentscheidungen getroffen werden, die 
für das jeweilige Unternehmen bestimmend wirken, ist der Ort der tatsächlichen Verwaltung. Die genaue Abgrenzung dieses 
Kriteriums bleibt der Steuerverwaltung und der Rechtsprechung überlassen. Während die Bestimmung des Ortes der tatsáchli- 
chen Verwaltung eine reine Tatsachenfrage ist, liegt der Sitz einer juristischen Person dort, wo dies die relevanten Dokumente, 
beispielsweise Gesellschaftsvertrag oder Statuten, bestimmen. Der Sitz kann — im Rahmen des gesellschaftsrechtlich jeweils 
zulässigen - frei bestimmt werden, liegt er im Inland, begründet dies die unbeschrànkte Steuerpflicht. 
Zu Art. 3 - Missbrauch von Gestaltungsmüglichkeiten 
In Art. 3 wird neu eine allgemeine Vorschrift eingefügt, die den Missbrauch von Gestaltungsmóglichkeiten steuerlich als un- 
beachtlich definiert. Es handelt sich um eine besondere Art der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, die vom Staatsgerichtshof 
bereits in mehreren Urteilen als Entscheidungshilfe herangezogen wurde. 
Das Problem des steuerlichen Missbrauchs liegt darin begründet, dass das Steuerrecht regelmässig wirtschaftliche Sachver- 
halte erfassen will, diese auf Grund der Tatbestandsmässigkeit der Besteuerung aber in eine gesetzliche, also rechtliche Form 
gefasst sind. Auch bei grösster legislatorischer Umsicht ist nicht auszuschliessen, dass die Steuerpflichtigen die sich ihnen 
bietenden Möglichkeiten nutzen, um Steuervorteile zu erzielen, die gegen Sinn und Zweck der Steuergesetze verstossen. Durch 
den neuen Art. 3 wird klargestellt, dass der Missbrauch rechtlicher oder tatsächlicher Gestaltungen keinen Schutz findet und 
steuerlich nicht anerkannt wird. Gleichzeitig wird das Recht der Steuerpflichtigen nicht eingeschränkt, von mehreren wirtschaft- 
lich sinnvollen Wegen denjenigen mit der niedrigsten Steuerbelastung zu wählen. 
Absatz 1 definiert das Vorliegen eines Missbrauchs bei den wirtschaftlichen Gegebenheiten unangemessenen Gestaltungen. 
Besonderer Bedeutung kommt hierbei der Tatsache zu, dass die gewählte Gestaltung nur durch den angestrebten Steuervorteil 
erklärbar ist, keine wirtschaftlichen Gründe für diese Gestaltung vorliegen (economic purpose) und dass es Sinn und Zweck 
der Steuergesetze widersprechen würde, wenn dem Steuerpflichtigen der Vorteil gewährt würde. Die Definition ist notwen- 
digerweise offen, um nicht Gefahr zu laufen, dass durch eine zu starre Definition des Missbrauchstatbestands dieser selbst 
umgangen werden kann. Die genaue Abgrenzung dieser Vorschrift soll letztlich durch die Praxis der Steuerverwaltung und der 
Gerichtsbarkeit erfolgen. Um hierbei eine eigenständige, die besonderen Verhältnisse Liechtensteins berücksichtigende Recht- 
sentwicklung zu ermöglichen, wurde wie im 2000er Vorschlag darauf verzichtet, die Missbrauchsdefinition der schweizerischen 
Rechtspraxis zu übernehmen. Absatz 2 regelt die Rechtsfolge bei Vorliegen eines Missbrauchs: Die Abgaben sind so zu erheben, 
wie sie bei einer angemessenen Gestaltung zu erheben gewesen wären.
	        

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