Volltext: Ein Bürger im Dienst für Staat und Wirtschaft

Beschluss von aussen blockieren könnte, während sich die Mitgliedstaa- ten zunehmend dem Mehrheitsprinizip unterordnen müssen. Folglich ist nur eine sektorielle Schlechterstellung möglich. Der visionäre Chefunterhändler des Freihandelsabkommens von 1972, Paul Jolles, hat dieses Erfordernis schon 1970 erkannt und hierbei bewusst nicht die 
«Mitbestimmung» gefordert, sondern die «gestaltende Mitwirkung». Dieses Postulat, sein eigentliches Vermächtnis, war wahr- lich kein Papiertiger. Es ist unter anderem im Abkommen über die ther- monukleare Fusion und Plasmaphysik vom 14. September 1978, im Abkommen über den grenzüberschreitenden Omnibusverkehr vom 26. Mai 1982 und im Versicherungsabkommen vom 10. Oktober 1989 
voll- ständig, im EWR-Vertrag sowie bei Schengen/Dublin 
weitgehendzum Tragen gekommen. Die Geschichte der schweizerischen Verhandlungen mit der EU seit 1956 bis zum EWR-Nein kann auf das Bestreben zurückgeführt werden, an der Vorbereitung der relevanten gemeinschaftlichen Rechts- akte beteiligt zu sein. Diese gemeinsame Vorbereitung soll gemeinsame Prämissen schaffen, aus denen dann beidseits äquivalente Rechtsvor- schriften deduziert werden können, die der Harmonisierung oder der gegenseitigen Anerkennung zugänglich sind. Mit dieser gestaltenden Mitwirkung soll der Grad des autonomen Nachvollzugs gemindert werden. Auch beim EWR ging es natürlich nicht um die blosse Grenzüber- schreitung, sondern um die Gleichbehandlung bei der Vermarktung, folglich um die gestaltende Mitwirkung, die wir auf Englisch «decision shaping» nannten. Dies ist gelungen. Selbst die gegenseitige Anerken- nung als ultima ratio konnte eingebracht werden (Art. 102, Abs. 5). Diese Subtilität scheint von den zuständigen Schweizer Behörden nicht erkannt worden zu sein. Ohne hier auf die emotionsgeladenen Phasen der EWR-Verhand- lungen einzugehen, sei lediglich festgehalten, dass zwei Personen die bei- den zuständigen Bundesräte davon überzeugt haben, der EWR sei nur akzeptabel, falls er vorgängig mit einem Beitrittsgesuch verbunden würde. Mit diesem Gesuch war das Fiasko der EWR-Abstimmung vor- programmiert, dies um so mehr, als der EWR ungeschickterweise als «Trainingslager» apostrophiert wurde. Die ersten bilateralen Verhandlungen nach dem EWR-Nein wur- den unter der impliziten Annahme ausgehandelt, dass die Schweiz noch 72Franz Blankart
	        

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