Liechtenstein in bewegten Jahren Peter Wolff Die Regierungszeit von Hans Brunhart als Regierungschef (1978 bis 1993) fand zum überwiegenden Teil noch in einem Zeitraum statt, als – zumindest aus heutiger Sicht – die wesentlichen innen- und aussenpoli- tischen Rahmenbedingungen für das Fürstentum Liechtenstein auf Dauer festgelegt erschienen und keine gravierenden Veränderungen oder gar unruhige Zeiten mit instabilen Verhältnissen erwartet wurden. Dies begann, sich zu ändern, als Liechtenstein ab 1991 an den Verhandlungen für einen Vertrag über die Schaffung eines europäischen Wirtschaftsrau- mes teilnahm und Hans Brunhart als Inhaber des Ressorts Äusseres daher viel häufiger als in den Jahren davor Auslandsreisen unternehmen musste, und dementsprechend weniger Zeit im Regierungsgebäude in Vaduz verbringen konnte und daher auch weniger für die einzelnen Bür- ger erreichbar und ansprechbar war. Konnte man anfangs noch annehmen, dass dies ein vorübergehen- der Zustand sei und nach allfälligem Abschluss eines EWR-Vertrages unter Einschluss Liechtensteins sich die Situation wieder beruhigen würde, so stellte sich dies im Laufe des Jahres 1992 als Irrtum heraus, und es zeigte sich, dass die europäische Entwicklung und die Frage des EWR-Beitritts im Besonderen das ruhige und unproblematische politi- sche Klima in Liechtenstein auf längere Zeit beeinflussen und den Beginn von politisch äusserst bewegten Jahren markieren sollten. Dies begann eigentlich bereits im Mai 1992 mit der Unterzeich- nung des EWR-Vertrages – unter anderem durch Liechtenstein und die Schweiz –, da dadurch die Diskussion ausgelöst wurde, ob die Schweiz und im Gefolge auch Liechtenstein dem EWR definitiv durch Ratifika- tion dieses Vertrages beitreten sollten bzw. ob Liechtenstein dies unab- hängig davon, ob die Schweiz beitrat oder nicht, auf jeden Fall tun sollte.285