Volltext: Ein Bürger im Dienst für Staat und Wirtschaft

bäuerlich-konservativen Schichten hatte. Die Parteienunterschiede haben sich im Verlauf der Jahrzehnte allerdings weitgehend aufgelöst und die beiden Grossparteien haben sich programmatisch in Richtung Volksparteien entwickelt. Die Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht erklärt daher in den letzten Jahrzehnten die Parteibindung zu VU oder FBP kaum, während die Tradition der Parteiidentifikation eine domi- nante Rolle spielt.24In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg sind die beiden Grossparteien ideologisch weitgehend identisch gewor- den und sind heute dem politischen Zentrum zuzuordnen. Das zeigen sowohl Analysen der Wahlprogramme von 1970 bis 2013 wie auch ver- schiedene repräsentative Umfragen nach Wahlen und Abstimmungen seit den Landtagswahlen 1997. Beide Parteien weisen eine Mitteorientie- rung auf, geringe programmatische Unterschiede und eine ähnlich breite soziodemografische Streuung der Wählerschaft. Nur gelegentlich besinnt sich die FBP auf ihre konservativen Wurzeln, während die VU ihre sozial-liberale Vergangenheit in den Vordergrund rückt.25 Mitteorientierung, Koalition und pragmatischer Kompromiss wer- den nicht zuletzt auch von den Wählerinnen und Wählern eingefordert. Dies bezieht sich auf das Verhältnis zwischen den Parteien ebenso wie zwischen dem Landtag und der Regierung, aber auch auf das Verhältnis der Parteien und politischen Institutionen zum Fürstenhaus. Streit zwi- schen Parteien und zwischen Staatsorganen wird von der Wählerschaft meist nicht goutiert. 1953 kam es zu vorgezogenen Neuwahlen, weil die VU den Landtag verliess und damit die Beschlussunfähigkeit herbei- führte – man sagt hierzu «den Landtag sprengen». Bei den Juni-Wahlen von 1953 konnte die VU jedoch kein Mandat hinzugewinnen. 1958 erfolgten vorgezogene Neuwahlen nach einer Wahlbeschwerde der VU. Die VU verlor 2,1 Prozent der Stimmen. 1989 sprengte die FBP den Landtag als indirekte Reaktion auf den sogenannten Kunsthausskan- dal26, konnte aber bei den Neuwahlen nicht zulegen. Allerdings verlor die VU noch deutlicher, während sowohl die FL wie auch die neu kan- didierende UeLL Stimmenzuwachs verbuchten. Gravierender waren die Folgen, wenn eine Partei in Konflikt mit dem Fürstenhaus geriet. Im Herbst 1992 war es im Zusammenhang mit 254Wilfried 
Marxer 24Vgl. Biedermann/Oser, «In Liechtenstein wird man in eine Partei geboren.» 25Siehe etwa Batliner, Situation der Partei. 26Ausführlich Waschkuhn, Politisches System, S. 217–236.
	        

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