Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

Art. 101 Abs. 1 LV und Art. 108 Satz 2 erster Teilsatz LV verlangte, alle gerichtlichen Instanzen nach Liechtenstein zu verlagern.7 Das in der Folge erlassene Gerichtsorganisationsgesetz vom 7. April 19228 errich- tete nach § 1 (Abs. 1 für Zivilsachen) GOG einen neuen, nunmehr inlän- dischen Instanzenzug: das fürstlich-liechtensteinische Landgericht als erste, das fürstliche Obergericht als zweite und schliesslich der fürstliche Oberste Gerichtshof als dritte Instanz, alle in Vaduz gelegen.9 2. Durchgängig mündlicher, öffentlicher sowie rascher Zivilprozess Wie der Bericht zu den Gesetzesentwürfen betreffend die Gerichtsorga- nisation sowie das Nachtragsgesetz zur Zivil- und Strafprozessordnung von Wilhelm Beck festhielt, sollte künftig der «in unserer Prozeßord- nung bereits niedergelegte Grundsatz der Mündlichkeit und Unmittel- barkeit nicht papierene Wahrheit»10 bleiben und auch im Berufungsver- fahren vor den neuerdings inländischen Instanzen verwirklicht wer- den.11 Da der gesamte Instanzenzug in Zivilsachen nun im Fürstentum Liechtenstein lag, konnte auch über alle Instanzen hinweg ein mündli- ches, öffentliches sowie rasches Verfahren durchgeführt werden. Die grundlegenden Gebote hierfür stellte die Verfassung von 1921 auf. So hielt Art. 102 Abs. 1 Satz 1 LV fest: «Das 
Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist nach den Grundsätzen der 
Mündlichkeit, Unmit- telbarkeit und 
freien Beweiswürdigung zu regeln.» Im Berufungsverfah- ren trug das massgeblich dazu bei, dass die beschränkte Berufung besei- tigt und eine volle Berufung eingeführt wurde.12 Und im Sinne der Pro- zessökonomie statuierte Art. 27 Abs. 1 LV sogar: «Der Staat sorgt für ein 483 
I. Verfassung 1912, Gerichtsorganisation 1922 7Vgl. Goop, S.278. 8LGBl. 1922 Nr. 16. 9Zum vorangehenden Absatz Ospelt, Laienrichtertum, S.78–81 m. w. H.; Kundert, S.1828; Berger, Arbeiten, S.2 m. w. H.; Berger, Faktum, S.4 Fn. 8 m. N.; Berger, Rezeption, S.6 Fn. 24, S.26, S.34 und S.218f.m. w. H.; vgl. Berger, Transfer, S.13 Endnote xxvi; von Liechtenstein, S.118f. 10Zitiert nach O. Na. vom 29. März 1922, S.1. Vgl. Ospelt, Laienrichtertum, S.76f. m. w. H. 11O. Na. vom 29. März 1922, S.1 m. w. H. 12Delle-Karth, S.37. Siehe sogleich unten unter §  11/II./2.
	        

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