Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

der wichtigsten und vielleicht das stetigste Entwicklungsprincip»233,des- sen Wirkungsweise er folgendermassen beschrieb: «Es ist eine leider alltägliche, sich immer und überall wiederho- lende Erscheinung, daß sich die 
Parteien der bestehenden Prozeß- einrichtungen und Formen oft nicht des Rechtsschutzes oder der Rechtsverwirklichung wegen bedienen. Häufig benützen sie viel- mehr die Prozeßeinrichtungen im vollen Bewußtsein, daß es an einem legitimen Zwecke fehle, lediglich als Mittel zur 
Verwirkli- chung unehrlicher, verwerflicher, schlimmer Absichten, als insbe- sondere zur Verhinderung, Erschwerung oder Trübung der Ent- scheidung, zur absichtlichen Verzögerung oder zur unnötigen Komplizierung des Verfahrens, zur Verkürzung oder Gefährdung der prozessualen Stellung des Gegners usw. Man kann dies 
kurz: Mißbrauch der Prozeßeinrichtungen nennen. Wo nun solcher Miß- brauch typisch zutage tritt, und wo zugleich die Normen des gel- tenden Prozeßrechtes keine Handhabe gegen derartigen Miß- brauch bieten, da entsteht notwendig im Kreise der Rechtsuchen- den das Bedürfnis nach (totaler oder partieller) Fortbildung, Reformierung des geltenden Prozeßrechtes [...]. Dieses Bedürfnis bestimmt nun nicht bloß das ‹Ob› und ‹Wann›, sondern auch das ‹Wie› der hier einsetzenden Rechtsentwicklung. [...] [D]as aus dem Mißbrauch entstandene Bedürfnis treibt die Prozeßreform natur- gemäß zur Abstellung dieses wahrgenommenen bisnun unverboten oder doch unfaßbar gewesenen Mißbrauches. [...] Da nun aber der Egoismus der Parteien vor den neuen Normen nicht kapituliert und allmählich auch die neuen Prozeßformen mißbräuchlich ver- wenden lernt, [...] [s]o 
ist der Mißbrauch der Prozeßeinrichtungen (namentlich behufs Prozeßverschleifs) zum guten, vielleicht zum größten Teile das treibende Moment der Prozeßrechts-Entwick- lung, die dauernd ist wie diese ihre Ursache, und mit ihrer Ursache selbst notwendig gegeben ist.»234 454§ 
9 Fassung 1912 233Klein, Parteihandlung, S.221. 234Klein, Prozeßrecht, S.6f., Hervorhebungen E. S.; grösstenteils wortgleich Klein, Pro futuro, JBl 19 (1890), S.616. – Diese Passage wird oft zitiert, zum Beispiel bei Rechberger, Jahrtausendwende, S.55f., und Rechberger, Ziele, S.54f.
	        

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