Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

Wenn und insofern die Zwecke des Zivilprozesses es geboten, rückte Klein ohne Bedenken, weil eben dadurch gerechtfertigt, partiell von Grundsätzen und deren konsequenter Durchführung ab.168 Die Zweckmässigkeit der Ausgestaltung der Zivilprozessordnung, davon war Klein überzeugt, würde sich nämlich letztlich in der Praxis und bei der Rechtsanwendung auszahlen und den neuen Zivilprozess praxis- tauglich und lebensfähig machen, während dogmatische Folgerichtigkeit allein und striktes Beharren auf Prinzipien die Zivilprozessordnung an vielen Stellen zur lex imperfecta werden liesse.169 Für Klein wog somit in dieser Hinsicht die praktische Zweckmässigkeit schwerer als Stringenz in der Dogmatik, was sich im neuen Zivilprozessrecht – erkenntlich un-, aber nicht antidogmatisch – 
niederschlug.170 Welche Zwecke dabei 
anerkannt wurden und der Zivilprozess ver- folgte, konnte nicht dem Gericht festzulegen überlassen werden, «son- dern das Gesetz bestimmt, wie weit die Zweckmäßigkeit maßgebend sein darf»171. Bezweckte demnach der Zivilprozess besondere prozess- ökonomische Fortschritte, musste der Gesetzgeber sich nicht nur davon leiten lassen, sondern sie ferner klar und deutlich in der Zivilprozess- ordnung selbst zum Ausdruck bringen und das Gericht bei der Rechts- anwendung darauf verpflichten.172 «Darin zeigt sich der große Nutzen der einheitlichen teleologi- schen Auffassung des ganzen Processes, daß man in dem immer leicht erkennbaren wirthschaftlichen oder socialen Endzwecke des Processes für 
alle Zwischenfälle und Glieder des Verfahrens einen verläßlichen Wegweiser und Warner neben sich hat. Diese Auffas- sung erspart Grübeln und Irren, und für viele zweifelhafte Com- plicationen gibt sich dann die Lösung sozusagen ungerufen.»173443 
III. Prozessökonomische Leitgedanken 168Klein, Zivilprozeß, S.228; vgl. bereits Klein, Pro futuro, JBl 20 (1891), S.28. Sachers, S.220; Rechberger, Jahrtausendwende, S.57f.m. N.; Rechberger, Ziele, S.61; Stampfer, S.78f.m. w. H. und S.90. Vgl. Fasching, Weiterentwicklung, S.101f. 169Vgl. Dahlmanns, S.2734. 170Sachers, S.220; Rechberger, Ziele, S.55f.und S.61; vgl. Kralik, S.89 m. w. H.; Schoibl, Entwicklung, S.48f.m. N. Stampfer, S.79; siehe Fasching, Weiterentwick- lung, S.100f. 171Klein, Praxis, S.133. 172Vgl. Klein, Référé, S.147; Klein, Zeit- und Geistesströmungen, S.28. 173Klein, Praxis, S.63, Hervorhebung im Original; vgl. Klein, Bemerkungen CPO, S.316.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.