Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

In vertikaler Hinsicht meinte die Vermeidung von Verfahren: Über den gesamten 
Instanzenzug hinweg sollte «den Gedanken der Proceß- ökonomie», wie Klein forderte, Umsetzung zuteil werden, denn «es fehlt der volle Nutzen, so lange der Gedanke nicht in allen Instanzen gleichmäßig sich Eingang verschafft hat.»145 Letztlich belastete ein über- mässiger Aufwand die rechtsuchende Partei nämlich unabhängig davon, ob er sich im erst- oder zweitinstanzlichen Verfahren einstellte oder ob ersteres oder letzteres nicht prozessökonomisch ausgestaltet war.146 Einen Wert hatte die Prozessökonomie nur, wenn sie durchgängig, sys- tematisch und wohldosiert umgesetzt wurde. Sie irgendwo im Zivilpro- zess zulasten anderer Zwecke allzu sehr zu forcieren und die dabei erzielten Einsparungen an Aufwand, Zeit und Kosten später andernorts wieder preiszugeben, zeugte von Mängeln der Konsistenz und Kohä- renz eines zivilprozessualen prozessökonomischen Konzepts. Insofern gingen Klein und die österreichische Zivilprozessordnung von 1895 von einer 
instanzenübergreifenden Gesamtbilanz der zivilprozessualen Pro- zessökonomieaus. c)Materielle Wahrheit und Gründlichkeit Die 
Prozessökonomie und besonders ihr Aspekt der Raschheit einerseits stand im Widerspruch zur 
Gründlichkeit und Erforschung der materiel- len Wahrheit im Zivilprozess andererseits. Dennoch forderte Klein bei- des zugleich und brachte einen Ausgleich zwischen ihnen zustande. Auf der einen Seite war die Prozessökonomie und mit ihr die Beschleuni- gung des Zivilprozesses ein erklärtes Ziel Kleins.147 Häufig sei, so führte er an, in der Praxis aus Sicht der Parteien ein rasches rechtskräftiges Urteil viel wertvoller als dessen Gründlichkeit und Detailliertheit.148 Zudem vergrössere sich mit zunehmender Dauer des Zivilprozesses auch die zeitliche Entfernung zum Sachverhalt, der den Anlass für den Zivilprozess bildet, was die Erforschung der materiellen Wahrheit und damit die Richtigkeit des späteren Urteils zunehmend beeinträchtige.149 Auf der anderen Seite beurteilte Klein «als eine der wichtigsten Anfor- 439 
III. Prozessökonomische Leitgedanken 145Klein, Praxis, S.148. 146Vgl. Klein, Bemerkungen CPO, S.195. 147Siehe oben unter §  3/III./1./b). 148Klein, Praxis, S.260f.; Klein, Zeit- und Geistesströmungen, S.22. 149Klein, Zivilprozeß, S.196.
	        

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