regeln, liess die österreichische Zivilprozessordnung von 1895 nach Absicht Kleins dem Gericht vielfach
Ermessens- und Handlungsspiel- räume, die es im Einzelfall angesichts der Umstände und Besonderhei- ten optimal ausnutzen konnte, um die Zwecke des neuen Zivilprozesses, namentlich die Prozessökonomie, zu erfüllen.115 Es wurde «die Proceß- leitung aufs Reichste ausgestattet [...], um jeder einzelnen Rechtssache die zweckmäßigste Form geben und alle Vortheile, die sich darbieten, zum Besten der Proceßvereinfachung ausnützen zu können[.]»116Die Verwirklichung all der besonderen prozessökonomischen Ziele des Zivilprozesses hingen gemäss Kleins Ansicht demnach davon ab, inwie- fern das Gericht zur Prozessleitung und durch sie zur Konzentration des Verfahrens imstande sein würde: «Fast allein an ihr [der gerichtlichen Prozessleitung, E. S.] liegt es, ob wir –
wie es die Gesetzgebung anstrebte – im Verfahren der Civilproceßordnung ein gutes, einfaches, volksthüm- liches,
rasches und
billiges Verfahren besitzen.»117 Keineswegs wollte Klein die gerichtliche Prozessleitung aber als freies gerichtliches Ermes- sen und gerichtliches Belieben in jeglicher Hinsicht verstanden wissen. Die gerichtliche Prozessleitung musste auf der Zivilprozessordnung beruhen, in deren Vorschriften folglich gelenkt werden und dort jeweils genau bezeichnet werden, wo und inwiefern ein Handlungsspielraum oder Ermessen angebracht war und gegebenenfalls nach welchen Krite- rien sie sich zu richten hatten.118 Wodurch sich die gerichtliche Prozessleitung als erfolgreich aus- zeichnen und was sie alles umfassen sollte, hielt Klein später – an einer der erhellendsten Passagen diesbezüglich – folgendermassen fest: «Die Prozeßleitung als formelle und materielle, legt zwischen den einzelnen Teilen und Akten des Verfahrens Drähte, die aus ihnen ein einheitliches bewegliches System von Kausalitäten, Wechsel- wirkungen und Teleologien machen [...] Der
Zweck des Ganzen wird damit die Richtschnur für das einzelne. [...] a) Die Sache soll planmäßig spruchreif gemacht werden und gründliche, erschöp- fende Erörterung finden. Der für die Prozeßentscheidung erhebli- 433
III. Prozessökonomische Leitgedanken 115Klein, Référé, S.147; vgl. Klein, Zivilprozeß, S.306. Vgl. Lewisch, Klein, S.372f. 116Klein, Praxis, S.190. 117Klein, Praxis, S.96f., Hervorhebungen E. S. Vgl. Hochegger, S.88. 118Vgl. Klein, Pro futuro, JBl 20 (1891), S.6.