Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

erfordere. Dies war seiner Meinung nach nicht zwingend.Die zweite Landrichterstelle konnte ihm zufolge losgelöst von der Justizreform in den darauffolgenden Jahren sowie angesichts der Erfahrungen mit dem neuen Verfahren erwogen werden. Was In der Maur hier (erstmals) vor- brachte, könnte man als den 
längerfristigen volkswirtschaftlichen Faktor in der komplexen prozessökonomischen Ex-ante-Rechung192 bezeichnen, den Landtagspräsident Schädler später in der Debatte aufgriff und anhand einer Geldsumme veranschaulichte: Das rasche und billige Ver- fahren, welches an sich unbestrittenermassen das Ziel der Justizreform darstellte und in Österreich bereits Rechtswirklichkeit geworden war, bewirke durch seine Raschheit auf Seiten der Prozessparteien grosse finanzielle Einsparungen hinsichtlich Prozess- und Gerichtskosten sowie hinsichtlich der Kosten ihrer Advokaten. Der Schluss, der sich hieraus ziehen liess, war derjenige, dass das prozessökonomische Ver- fahren unbedingt umgesetzt werden sollte, nicht nur, weil eine zweite Landrichterstelle nicht per se damit verbunden war; sondern auch, falls eine solche geschaffen werden müsste, weil deren Kosten nur zweitran- gig wären. Denn im Vergleich zu denjenigen finanziellen Mitteln, die das neue Verfahren auch mit zwei zu bezahlenden Richtern als kürzeres und günstigeres fortan freisetzen und nicht mehr binden würde, seien die Kosten des zweiten Landrichters makroökonomisch unterzuordnen. In der Maurs prozessökonomische Überlegungen trafen in doppel- ter Hinsicht zu. Einerseits würde ein kürzeres Verfahren weniger Pro- zess-, Gerichts- und Anwaltskosten verursachen, was wünschenswert war, sofern das Ergebnis von der Kürze des Verfahrens materiell nicht beeinträchtigt würde. Wie Franz Klein betonte,193 ist der Zivilprozess ein Nullsummenspiel, bei dem keine neuen finanziellen Werte produziert, sondern lediglich bestehende Werte vom Gericht verbindlich aufgeteilt werden, wobei diese Aufteilung zusätzlich Kosten verursacht. Die Kos- ten eines derart unproduktiven Verfahrens durch dessen Kürze niedrig zu halten oder zu senken, ist makroökonomisch sinnvoll, da diesfalls das nicht mehr für Verfahrenskosten aufzuwendende Geld anderweitig in wirtschaftlich Produktives investiert werden kann, was dem Staate auf Dauer zugute kommt. Ein rascher und somit 
günstiger Zivilprozess zei- 346§ 
7 Beginn Justizreform 1906 bis 1908 192Siehe Esser, S.44. 193Vgl. Klein, Zivilprozeß, S.194, S.196f.und S.199; siehe auch oben unter §3/II./1./b).
	        

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