Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

Die Resolution des Landtages vermied schliesslich, sich für eine Seite des Dilemmas zu entscheiden. Sie befürwortete zwar die «Anstel- lung eines weiteren 
juristisch vorgebildeten Beamten»181,damit aber nicht eines (höheren) zum Richteramte befähigten Beamten, also eines Landrichters. Zwar sollte dieser Beamte mit Hinblick auf die Reform des Strafprozessrechts in erster Linie als Staatsanwalt dienen, aber ihm soll- ten sodann «nach Maßgabe des Bedarfes auch anderweitige Verrichtun- gen übertragen werden»182,worunter sich allenfalls auch zivilrechtliche Angelegenheiten, beispielsweise Ausserstreitsachen, verstehen liessen. Der Landtag erklärte sich in der Resolution schliesslich dazu bereit, «gegebenen Falles die Bewilligung der diesbezüglichen nötigen 
Kosten in Aussicht zu nehmen»183,womit die Entscheidung völlig offen blieb, ob überhaupt eine derartige gerichtsorganisatorische Aufstockung vorge- nommen werden sollte oder nicht, ganz zu schweigen von ihrer konkre- ten Form. Die Resolution legte lediglich fest, dass sie sich bezüglich des zweiten Landrichterpostens nicht festlegte. Ihr Wortlaut war dermassen vorsichtig gewählt und bewusst offen gehalten, dass alle Lösungen mög- lich blieben. Die Resolution hatte aber unmissverständlich das prozess- ökonomische Dilemma hervorgehoben, welches es anlässlich der Justiz- reform zu lösen gelten würde: die Anstellung eines zweiten Landrichters infolge der anschwellenden Geschäftslast versus dessen Kosten und die nötigen gerichtsorganisatorischen Veränderungen seitens des Landes- fürsten.184 bb)Inländische zweite Instanz Konsequenterweise sollte im neuen liechtensteinischen Zivilprozess ein öffentliches und mündliches Verfahren mit freier Beweiswürdigung, das die Grundlage für einen prozessökonomischen Privatrechtsschutz des Bürgers bildete, sich nicht nur auf das Landgericht als erste Instanz erstrecken, sondern auch in den höheren Instanzen soweit wie möglich umgesetzt werden. Insbesondere ein öffentliches und mündliches Beru- 343 
III. Erste Siebnerkommission und Resolution 1907 181LI LA LTA 1907 L1, Antrag Siebnerkommission, 14. Dezember 1907, S.4, Hervor- hebung E. S. 182LI LA LTA 1907 L1, Antrag Siebnerkommission, 14. Dezember 1907, S.4. 183LI LA LTA 1907 L1, Antrag Siebnerkommission, 14. Dezember 1907, S.4, Hervor- hebungen E. S. 184Zum vorangehenden Absatz LI LA LTA 1907 L1, Antrag Siebnerkommission, 14.Dezember 1907, S.4.
	        

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