Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

Indem der Landesfürst mit seinem Handbillett sein grundsätzliches Ein- verständnis mit der Landtagsresolution kundtat und sich somit vorbe- haltlich gewisser Konkretisierungen auch mit den darin enthaltenen Vor- schlägen einverstanden erklärte, war die Grundsatzfrage nun vom Land- tag entschieden und vom Landesfürsten bestätigt: Eine 
«durchgreifende Reform» sollte stattfinden. Um was für eine Reform es sich dabei han- deln sollte, schien allerdings nicht vom Konsens gedeckt. Wie erwähnt,129 wirkte gemäss der konstitutionellen Verfassung von 1862 der Landtag bei der Gesetzgebung mit und mit dem Landesfürsten zusam- men, aber die Justizhoheit wie auch alle andere Staatsgewalt standen dem Landesfürsten zu.130 Es bedurfte folglich gerade im Hinblick auf eine all- fällige Justizreform und den Erlass neuer Gesetze des Zusammenwir- kens und Konsenses zwischen Landtag und Landesfürst, wobei gerichts- organisatorische Änderungen und Richterernennungen ausschliesslich der Landesfürst per fürstlicher Verordnung herbeiführen konnte.131 Der Landtag hatte sich in seiner Resolution zunächst grundsätzlich für eine Justizreform ausgesprochen und sodann lediglich Wünsche und Vorschläge festgehalten, die im Hinblick auf eine solche Justizreform zu bedenken waren. Er hatte in der Resolution einerseits Änderungen der Verfahrensordnung nahegelegt, und dies recht bestimmt und deutlich; andererseits, und dies hingegen sehr vorsichtig, behutsam und offen,132 hatte der Landtag ebenfalls Änderungen der Gerichtsorganisation ange- regt. Mit anderen Worten hatte der Landtag eine 
Justizreform im enge- ren Sinne ins Auge gefasst, was – in Abgrenzung133 zu Novellierungen oder punktuellen Neuregelungen lediglich in den Verfahrensordnungen – eine grundlegende Neugestaltung sowohl der 
Verfahrensordnungen als auch der 
Gerichtsorganisation bedeutete. Letztere war für Liechten- stein aber in besonderer Weise vom Landesfürsten, seiner Zustimmung und formell von fürstlichen Verordnungen seinerseits abhängig, weshalb die diesbezüglichen Vorschläge der Siebnerkommission und später des 328§ 
7 Beginn Justizreform 1906 bis 1908 129Siehe oben unter §  7/III./1./e). 130Beck, S.201 m. w. N. 131Vgl. Beck, S.194 und S.200; Vogt, Brücken, S.177f. 132Siehe unten unter §  7/III./3./c). 133Eine Justizreform betrifft sowohl die Verfahrensordnungen als auch die Gerichtsor- ganisation, während eine Prozessreform allein die Verfahrensordnungen betrifft; so beispielsweise Leonhard, S.139f.
	        

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