Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

Schriftlichkeit, Formalisierungen, Parteibetrieb usw. würde stützen kön- nen, sondern darin die zeitgemässen Prinzipien der österreichischen Zivilprozessordnung von 1895 realisiert werden sollten – und somit auch die Klein’sche Prozessökonomie. c)Neuer Instanzenzug De lege lata herrschte im Fürstentum Liechtenstein ein dreistufiger Instanzenzug in Zivilsachen: Das fürstliche Landgericht in Vaduz fun- gierte als erste Instanz, das fürstliche Appellationsgericht in Wien als zweite Instanz und das Oberlandesgericht Innsbruck alsdritte Instanz.65 Diese geographische Zerstreuung der Instanzen brachte es mit sich, dass erstinstanzliche Urteile selten an die höheren Instanzen weitergezogen wurden, da der daraus entstehende Aufwand an Zeit und Kosten von den Parteien kaum erbracht werden konnte.66 Peer empfahl daher 
eine prozessökonomische Veränderung des Instanzenzuges de lege ferenda. Weiterhin sollte in Zivilsachen als 
erste Instanz das fürstliche Land- gericht in Vaduz in Einzelrichterbesetzung entscheiden und urteilen.67 Ein progressiver Vorschlag Peers stellte die Errichtung der 
zweiten Instanz im liechtensteinischen Inland selbst dar.68 Zwecks mündlicher und öffentlicher Verhandlung, deren Verwirklichung im Zuge der Reform er als «zwingende Notwendigkeit [..., auf die] unter keinen Umständen verzichtet werden kann»69,ansah, regte er die Errichtung «der Appellsenate im Zivilverfahren»70 in Liechtenstein an. Der zivil- rechtliche Appellsenat sollte sich aus zwei österreichischen Richtern sowie einem Laienrichter mit liechtensteinischer Staatsbürgerschaft zusammensetzen; er sollte in Vaduz ordentlich vierteljährlich oder in dringenden Fällen ausserordentlich tagen und mittels Berufungen gegen Urteile und mittels Rekursen gegen Beschlüsse des Landgerichts ange- gangen werden können, wobei die Berufungsverhandlungen schriftlich sowie mündlich hätten stattfinden sollen.71 Um die zusätzlichen Kosten 315 
II. Gutachten Peer 1907/1908 65Siehe oben unter §  6/I./5. und 8. 66Vgl. Berger, Rezeption, S.25f. 67LI LA RE 1908/0570, Gutachten Peer, 7. Februar 1908, S.5. 68Siehe zusammenfassend Lindt, Reform, S.559f. 69LI LA RE 1908/0570, Gutachten Peer, 7. Februar 1908, S.3. 70LI LA RE 1908/0570, Gutachten Peer, 7. Februar 1908, S.3. 71LI LA RE 1908/0570, Gutachten Peer, 7. Februar 1908, S.5f.
	        

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