Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

bbb)Materielle Prozessleitung Die Mittel der materiellen Prozessleitung ermöglichten es dem Gericht, im Zivilprozess inhaltlich auf die Entscheidfindung Einfluss zu nehmen und gewissen Erfordernissen wie Gründlichkeit oder Richtigkeit im Sinne der materiellen Wahrheit Genüge zu tun.457 Oftmals war dabei zwischen solchen Standards und der Prozessökonomie abzuwägen und ein Mechanismus aufzustellen, der einen zweckmässigen und sinnvollen Ausgleich bewerkstelligte. «Die materielle Proceßleitung ist Führen, Anregen, Fragen, Helfen, sie ist eine starke motorische Kraft,»458 erklärte Klein; zugleich gab er aber zu bedenken, dass die materielle Prozesslei- tung auf der anderen Seite stets die Mitarbeit der Parteien erforderte, um nicht bloss ausgeführt, sondern mit Gewinn für den Zivilprozess ver- wirklicht werden zu können.459 Zur materiellen Prozessleitung gehörte die Leitung und Belehrung rechtsunkundiger, anwaltsloser Parteien, die Unterstützung bei der Kor- rektur und Vervollständigung der Klage, die Vermeidung nichtiger Ver- fahren oder Verfahrensschritte, die Prüfung der Prozessvoraussetzun- gen, der Vergleichsversuch zwischen den Parteien, das vorbereitende Verfahren, die Fristsetzungen für Beweisaufnahmen und die Zurückwei- sung derselben im Falle von Verschleppungsabsicht sowie die Anord- nung von ausgleichenden Kostenfolgen.460 Desgleichen betraf die mate- rielle Prozessleitung auch die inhaltliche Organisation zwecks Über- sichtlichkeit, Raschheit und Billigkeit der Verhandlung, worunter namentlich fiel: die Aufteilung des Verhandlungsstoffes, die Verbindung zu gemeinsamer Verhandlung oder Trennung derselben in Haupt- und Nebenverfahren, die Vermeidung von Unterbrechungen der Verhand- lung, die Zurückweisung von schikanösem, verschleppendem oder eine Verschleppung beabsichtigendem Vorbringen oder die Förderung des Fortgangs und der Beendigung des Verfahrens mittels aller hierfür nöti- gen Verfügungen.461 Ferner schloss die materielle Prozessleitung auch zahlreiche Mittel zwecks Erforschung der materiellen Wahrheit ein, die 212§ 
4 Prozessökonomische Mechanismen 457Vgl. Klein, Bemerkungen CPO, S.261f.; Klein, Beratungsgesetz, S.51 m. w. H. auf die einzelnen Mittel; Klein, Gesetzentwürfe, S.43 m. N. 458Klein, Praxis, S.253. 459Klein, Praxis, S.253. 460Klein, Zivilprozeß, S.309f.m. w. H. 461Klein, Zivilprozeß, S.311–314 m. w. H.; Klein, Gesetzentwürfe, S.44–46 m. w. H.
	        

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