Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

gerichtliche Prozessleitung diente beidem, sowohl der Prozessökonomie als auch der Gründlichkeit des Zivilprozesses.452 Für die mündliche Ver- handlung war diese Ambivalenz der Prozessleitung sogar ausdrücklich statuiert (§ 180 Abs. 3 Ö-CPO); die Wahrheitspflicht der Parteien bei ihren tatsächlichen Angaben in der mündlichen Verhandlung (§ 178 Ö-CPO) hätte allein die materielle Wahrheit nicht gewährleistet. Damit war dem Gericht in Abgrenzung zu anderen Ausrichtungen in Zivilpro- zessordnungen ermöglicht, nicht nur formell in den Verfahrensablauf einzugreifen, sondern auch inhaltlich in der Sache des Streitgegenstandes Einfluss zu nehmen; gemäss Klein war beides zu unterscheiden und hatte mit der Dispositionsfreiheit, ob der Klageweg zwecks Rechts- schutzes überhaupt beschritten wurde, nichts zu schaffen.453 Klein bezeichnete die Vorschriften zur gerichtlichen Prozessleitung als «ein System von Nützlichkeitsmaßregeln»454,welche sicherstellten, die zivil- prozessualen Zwecke das ganze Verfahren hindurch niemals aus den Augen zu 
verlieren. aaa)Formelle Prozessleitung Die formelle Prozessleitung bezweckte mittels Beschlüssen, Verfügun- gen, Aufforderungen, Mitteilungen und Prozesshandlungen seitens des Gerichts das äussere Verfahren des Zivilprozesses in eine einheitliche und straffe prozessökonomische Form zu kleiden.455 Dazu zählten unter anderem gerichtliche Zustellungen und Mitteilungen, die Leitung der mündlichen Verhandlung, sitzungspolizeiliche Aufgaben, Fristsetzun- gen und Terminanberaumungen sowie Verlängerungen und Erstreckun- gen, Verfahrensunterbrechungen und -wiederaufnahmen, die Anleitung zur Beseitigung formeller Mängel, Beweisverfügungen, die Führung des Beweisverfahrens sowie Verkündungen gerichtlicher Entscheidungen. Dies alles fiel in die Verantwortlichkeit des Gerichts und stellte einen rei- bungslosen äusseren Ablauf des Zivilprozesses sicher.456211 
I. Gerichtshofverfahren 452Sprung, Zielsetzungen, S.341; Oberhammer/Domej, Efficiency, S.66. 453Vgl. Dahlmanns, S.2735; Oberhammer/Domej, Austria, S.298 m. w. H.; siehe Kra- lik, S.91f. 454Klein, Praxis, S.74. 455Klein, Zivilprozeß, S.307; vgl. Klein, Bemerkungen CPO, S.261. 456Zum vorangehenden Absatz Klein, Zivilprozeß, S.307f.m. w. H.; vgl. Klein, Gesetzentwürfe, S.36–38 m. w. H.
	        

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