Masterarbeit Beat Vogt
Fabian (1995, S. 13) drückt diesen Umstand so aus:
„In Deutschland fehlt eine grosse, überragende Bibliothek als Kernstück des Systems. Im Gegen-
satz zu fast allen anderen europdischen Ländern besitzt Deutschland keine Nationalbibliothek,
auch nicht eine heimliche. [...] Keine Bibliothek in Deutschland übt alle ‚nationalen‘ Funktionen
aus oder ist allein damit betraut“.
Im Oktober 1990 sind die Deutsche Bücherei Leipzig und die Deutsche Bibliothek Frankfurt a.M. (mit
der Abteilung Deutsches Musikarchiv Berlin) unter dem Namen "Die Deutsche Bibliothek" vereinigt
worden (vgl. Die Deutsche Bibliothek 1994, S. 4). Mit der am 29. Juni 2006 in Kraft getretenen Neu-
fassung des "Gesetzes über die Deutsche Nationalbibliothek" wurde die seit 1990 "Die Deutsche Bib-
liothek" genannte Bibliothek in "Deutsche Nationalbibliothek" (DNB) umbenannt (vgl. Bundesminis-
terium der Justiz 2006, Art. 1; Deutsche Nationalbibliothek 2012). Die DNB sammelt alle deutschen
Drucke seit dem Erscheinungsjahr 1913. Die in der Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke
(SDD) zusammengeschlossenen Bibliotheken (damals noch ohne Die Deutsche Bibliothek) verpflich-
teten sich, „durch die systematische Sammlung, Erschliessung, Bewahrung und Bereitstellung des
älteren deutschen Schrifttums das Fehlen einer historisch gewachsenen Nationalbibliothek in arbeits-
teiliger und kooperativer Weise sukzessiv zu kompensieren* (Jammers 1999a, S. 9). Die wichtigste
Aufgabe der SDD lässt sich als Lückenergánzung beschreiben: Jede Bibliothek der Arbeitsgemein-
schaft sammelt für ihr Zeitsegment alle im deutschsprachigen Raum erschienenen Drucke und alle
Drucke in deutscher Sprache (unabhängig von ihrem Erscheinungsort): Überlieferungslücken in ihrem
Zeitsegment versucht sie durch systematischen Nachkauf zu schliessen. Erworben werden bevorzugt
Onginalausgaben, aber — sofern dies nicht móglich ist — ersatzweise auch moderne Reprints oder Ver-
filmungen.
Zu den gedruckten *Büchemr' záhlen auch Flugschriften, Personalschriften, Kinder- und Jugendbü-
cher, Amtsdrucksachen, Adressbücher und Schulschriften; besondere Vereinbarungen gelten für
Landkarten, Noten, Hochschulschnften und Zeitungen" (Jammers 1999a, S. 11).
2. Pflichtabgabe (bzw. legal deposit oder dépót légal) oder dépót volontaire als Hilfe zur Erfül-
lung des Sammelauftrages
Die Pflichtabgabe (bzw. legal deposit oder dépôt légal) zeichnet sich als ein hilfreiches Instrument zur
Erfüllung des Sammelauftrages aus (vgl. van Trier 2002, S.1). Das Pflichtexemplarrecht ist heute in
fast allen Kulturstaaten vorhanden. Im europáischen Raum — ausgenommen der Schweiz und der Nie-
derlande, in denen eine Vereinbarung die freiwillige Ablieferung der Verleger gewährleistet — sin-
17