Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

galt eine Dispensehe unter der Bedingung als von Anfang an gültig, dass sie nicht bereits rechtskräftig als ungültig erklärt worden war. Die dem ABGB eigene Einrichtung der Scheidung von Tisch und Bett fand kei- nen Eingang in das neue EheG, da sie von den Nationalsozialisten «als unvollkommene Lösung der Ehe» abgelehnt wurde. Anhängige Schei- dungsverfahren sollten daher nach neuem Recht fortgesetzt werden, wenn der Kläger es verlangte (§ 117 EheG), andernfalls war der Antrag abzuweisen. Keine Anwendung fand das ABGB auch im Unterhaltsrecht im Falle der Scheidung.32Da die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt «zuguns- ten der Volksgemeinschaft» auf die Beteiligung von Frauen am Arbeits- prozess angewiesen waren, betonte das EheG deren Verpflichtung, durch eigene Arbeit zu ihrem Unterhalt beizutragen (§ 66). Dem natio- nalsozialistischen Ideal des Führungsanspruchs des Ehemannes wurde im EheG dadurch Rechnung getragen, dass die geschiedene Frau ihren Unterhaltsanspruch verwirken sollte, «wenn sie sich nach der Scheidung einer schweren Verfehlung gegen den Mann schuldig» machte oder «gegen seinen Willen einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel» führte (§ 74 EheG). In Geltung blieben die Vorschriften des ABGB in Hinblick auf das eheliche Güterrecht, das Verlöbnis und die allgemeinen Rechtswirkungen der Ehe.33 Das EheG 1938 und die zum EheG erlassenen Durchführungsver- ordnungen34wurden 1945 – mit Ausnahme von nationalsozialistischem Gedankengut35– von der provisorischen Staatsregierung in Kraft belas- sen.36Aus unterschiedlichsten Blickwinkeln wurde sodann jahrzehnte- lang über eine Eherechtsreform diskutiert, wobei die Debattenbeiträge von einer Teilrevision des ABGB bis zu einem neuen separaten Ehege- 244Elisabeth 
Berger 32 Bielefeldt, wie Fn. 15, S. 44. 33 Einen Überblick über die verbliebenen altösterreichischen Vorschriften des ABGB (§§ 44–46, 89–93, 98, 99, 107, 110, 117, 118, 121) gibt Rudolf Köstler, Österreichs Eherecht, 4. Aufl. Wien 1948, S. 49 ff. 34 dRGBl. 1938 I, S. 923; dRGBl. 1938 I, S. 1323; dRGBl. 1941 I, S. 654; dRGBl. 1943 I, S. 145. 35 Dazu zählten z. B. die Eheverbote der Blutsverschiedenheit und der mangelnden Ehetauglichkeit sowie der Scheidungsgrund der Unfruchtbarkeit. 36 Gesetz über Massnahmen auf dem Gebiet des Eherechts, des Personenstandsrechts und des Erbgesundheitsrechts vom 26. 6. 1945, öStGBl. 1945 Nr. 31.
	        

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