Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

dreierlei Hinsicht. So wird den Trägern ein Abwehrrecht gegenüber Ein- griffen des Staates in die eigene Persönlichkeit gewährt und gleichzeitig der Staat dazu angehalten, die Träger aktiv vor Verletzung zu schützen und die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen zu fördern.31Die Förderungspflicht hält den Staat dazu an, junge Menschen auf der Suche nach einem Platz in der Gesellschaft zu unterstützen und diese Pflicht mittels konkretisierenden Rechtsnormen zu vollziehen.32 Durch die verfassungsrechtliche Erfassung des Kindeswohls soll das Schutzniveau der völkerrechtlichen Garantie verschärft und grundrecht- lich verankert sowie die körperliche, geistige und sittliche Entfaltung des Kindes sichergestellt werden.33Die systematische Einordnung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in den Grundrechtskatalog untermauert allerdings die Mischform dieser Norm. Einerseits besitzt Art. 11 BV die Funktion, als Abwehrrecht vor Eingriffen des Staates in die eigene Persönlichkeit zu schützen. Diese Aufgabe lässt sich sowohl aus dem Wortlaut von Absatz 1 als auch aus der systematischen Einord- nung im Grundrechtskatalog ableiten.34Nebst einem verfahrensrechtli- chen Teilgehalt sowie der in Art. 11 festgehaltenen Schutzpflicht des Staates stellt diese Norm auch ein programmatisches Optimierungsge- bot dar, welches die «rechtsdogmatische Multifunktion des Kindes- wohls» untermauert. Dadurch wird der Staat in Pflicht genommen, eine objektive Dimension des Kindeswohls abzusichern und dieses innerhalb der durch das anwendbare Gesetzes- und Verordnungsrecht gesteckten Grenzen als Entscheidungsmassstab zu verwenden.35Diese Förderungs- pflicht ist nicht zuletzt auch Grundlage des staatlichen Bildungsauftra- ges, welcher zum Ziel hat, ein Mindestmass an Bildung zu garantieren. Im Unterschied zur Schweiz kennt Liechtenstein keine spezielle Verfassungsnorm zum Schutz der Kinder und zur Förderung des Kin- deswohls.36Beide Staaten sind heute aber völkerrechtlich verpflichtet, den Vorrang des Kindeswohls zu achten, wiewohl diese Verpflichtung 210Bernhard 
Ehrenzeller 31 Müller/Schefer, S. 807. 32 Reusser/Lüscher, St. Galler Kommentar Art. 11 BV, Rz. 13 ff. 33 Reich, S. 375; Hafner/Kühler, S. 920. 34 Reich, ebenda, S. 378. 35 Reich, ebenda, S. 380 ff. 36 Zur Bedeutung des Kindeswohls im liechtensteinischen Familienrecht siehe: StGH 2012/163.
	        

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