Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

haben, spielt die Rechtsvergleichung als eigentliche fünfte Auslegungs- methode229in Liechtenstein eine gewichtige Rolle.230So hat der Staatsge- richtshof zur Rechtsvergleichung in StGH 2000/1231grundlegend festge- halten: «Grundsätzlich ist es durchaus zulässig, dass Gerichte im Rechts- findungsprozess unter anderem auch Rechtsvergleiche anstellen. Dies gilt insbesondere für einen Kleinstaat wie Liechtenstein, welcher zahl- reiche Rechtsnormen von seinen Nachbarstaaten übernommen hat und selbst nur über eine zwangsläufig wenig umfangreiche Rechtsprechung verfügt. Jedenfalls für den Kleinstaat ist es deshalb durchaus gerechtfer- tigt, die Rechtsvergleichung als eigentliche ‹fünfte Auslegungsmethode› zu bezeichnen.» Damit stimmt auch die Rechtsprechung des Staatsge- richtshofes zur grundrechtlichen Begründungspflicht überein, wonach die Anforderungen, die der Staatsgerichtshof an die Begründung einer Entscheidung stellt, deren Grundlage rezipiertes Recht ist, nicht hoch sind, solange sich die entscheidende Instanz an die Vorgaben des Rezep- tionslandes hält.232Für die Anwendung der EMRK gilt generell, dass für deren Auslegung und Handhabung durch die innerstaatlichen Organe die Rechtsprechung der Strassburger Instanzen richtungweisend ist.233 Darüber hinaus entspricht es einer langjährigen Tradition,234dass sich der ordentliche «Fünfer-Senat» des Staatsgerichtshofes aus drei Liechtensteiner235Richtern sowie einem Schweizer und einem Österrei- 169 
Verfassungs- und Grundrechtsauslegung 230Einlässlich dazu Kley, Grundriss, S. 94 ff.; vgl. auch Höfling, Grundrechtsordnung, S. 46 f.; aus der Rechtsprechung siehe beispielsweise StGH 2005/78, Urteil vom 15. Mai 2007, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 5. Die Judikatur des österreichischen Verfassungsgerichtshofes zeigt sich hingegen im Umgang mit der rechtsvergleichen- den Auslegungsmethode sehr zurückhaltend. Sie kommt nur sehr sporadisch vor und erweist sich auch nicht immer als konsistent. Siehe dazu Gamper, Regeln, S. 273 ff. Biaggini, Verfassungsinterpretation, S. 116, konstatiert für die Schweiz, dass immer häufiger auf die Verfassungsvergleichung als «Quelle der Inspiration» zurückgegriffen wird. 231StGH 2000/1, Entscheidung vom 7. Juni 2000, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 5.1. 232Siehe dazu Wille T., Begründungspflicht, S. 559, Rz. 18 mit Rechtsprechungsnach- weisen. 233StGH 1994/8, Urteil vom 4. Oktober 1994, LES 1995, S. 23 (25 f., Erw. 2). 234Vgl. Kley, Grundriss, S. 94 f.; siehe auch Höfling, Grundrechtsordnung, S. 46. 235Ähnlich setzt sich seit ca. zehn Jahren auch der ordentliche «Fünfer-Senat» des Ver- waltungsgerichtshofes zusammen. Art. 102 Abs. 1 LV bestimmt nämlich entspre- chend u. a., dass der Verwaltungsgerichtshof aus fünf Richtern und fünf Ersatzrich- tern besteht. Die Mehrheit der Richter muss das liechtensteinische Landesbürger-
	        

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