Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

eine Gesetzesauslegung entgegen dem Wortlaut auch im Lichte dieses spezifischen Grundrechts weitestgehend ausgeschlossen ist.197 3.2Die historische oder zeitgemässe Auslegung Die historische Auslegung stellt auf den Sinn einer Norm ab, der zur Zeit ihrer Entstehung als zutreffend angesehen wurde. Eine Norm soll so gelten, wie sie vom Gesetzgeber ursprünglich vorgesehen worden ist.198Bei der subjektiv-historischen Auslegung ist daher der subjektive Wille des historischen Gesetzgebers massgeblich.199Er darf insbesondere bei neueren Erlassen nicht übergangen werden.200So nimmt denn auch die subjektiv-entstehungszeitliche Interpretation bei den liechtensteini- schen Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts eine Vorrangstellung ein, wenn es sich um jüngere Gesetze handelt, deren Entstehung sich in den Gesetzesmaterialien einwandfrei nachweisen lässt.201Der subjektiv-his- torischen Auslegung sind jedoch dort Schranken gesetzt, wo keine bestimmte Vorstellung eindeutig als herrschender Wille des Gesetzge- bers nachgewiesen werden kann.202Eine weitere Einschränkung macht der Staatsgerichtshof bei referendumspflichtigen Erlassen, da dem Wort- laut insofern ein besonderes Gewicht zukommt, als dieser im für die Stimmbürger und Stimmbürgerinnen ersichtlichen Kontext verständlich und nachvollziehbar sein muss. Gerade in der Referendumsdemokratie darf eine Auslegung einer Norm, die für Dritte, die nicht am Gesetzge- bungsprozess beteiligt sind, offensichtlich ist, nicht ohne Weiteres unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien umgestossen werden. Vor die- sem Hintergrund erscheint es dem Staatsgerichtshof angezeigt, die his- torische Auslegung in solchen Fällen zurückhaltend anzuwenden.203 164Tobias 
Michael Wille 197StGH 2006/24, Urteil vom 2. Oktober 2006, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 3.1. 198StGH 2012/67, Urteil vom 30. Oktober 2012, nicht veröffentlicht, Erw. 9 und StGH 2012/176, Urteil vom 4. Februar 2013, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 7; siehe auch Kley, Grundriss, S. 88 und Häfelin/Haller/Keller, Bundesstaatsrecht, S. 33, Rz. 101. 199Vgl. Kley, Grundriss, S. 88. 200StGH 2012/67, Urteil vom 30. Oktober 2012, nicht veröffentlicht, Erw. 9 und StGH 2012/176, Urteil vom 4. Februar 2013, <www.gerichtsentscheide.li>, S. 17, Erw. 7. 201Siehe dazu Kley, Grundriss, S. 89 mit Rechtsprechungsnachweisen. 202Vgl. Häfelin/Haller/Keller, Bundesstaatsrecht, S. 35, Rz. 107. 203StGH 1998/37, Urteil vom 22. Februar 1999, LES 2001, S. 69 (71, Erw. 2.4); vgl. auch StGH 1997/42, Urteil vom 18. Juni 1998, LES 1999, S. 89 (94, Erw. 2.3); StGH
	        

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