Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

gerichtshofes selbst eine Auslegung entgegen dem Wortlaut nicht ausge- schlossen und kann ohne Weiteres im Einklang mit dem Willkürverbot sein. Im Extremfall kann sich umgekehrt sogar eine wortlautkonforme Auslegung als geradezu willkürlich erweisen.192Vom Wortlaut einer Gesetzesbestimmung ist daher dann abzuweichen, wenn dieser nicht den wahren Sinn wiedergibt. Dies ist dann der Fall, wenn die dem Wortlaut entsprechende Auslegung zu Ergebnissen führt, die der Gesetzgeber nicht gewollt haben kann und die gegen die Gerechtigkeit und die Rechtsgleichheit verstossen.193Nach der Rechtsprechung des Staatsge- richtshofes können wie nach der Praxis des Schweizer Bundesgerichtes nur triftige Gründe eine Auslegung entgegen dem Wortlaut rechtferti- gen.194Im Unterschied zum Schweizer Bundesgericht setzt der Staatsge- richtshof in seiner Praxis allerdings der Auslegung entgegen dem Wort- laut beim Straf- und beim Steuerrecht Grenzen, d. h. dort, wo das Lega- litätsprinzip195als eigenständiges Grundrecht anerkannt ist und dem Wortlaut somit eine vorrangige Bedeutung zukommt.196Eine weitere Ausnahme besteht nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes im sachlichen Gewährleistungsbereich des grundrechtlichen Beschwerde- rechts gemäss Art. 43 LV. In Bestätigung der einschlägigen Rechtspre- chung des Obersten Gerichtshofes postuliert der Staatsgerichtshof eine generelle Vermutung zugunsten einer Rechtsmittelmöglichkeit, sodass 163 
Verfassungs- und Grundrechtsauslegung 192StGH 2011/181, Urteil vom 26. März 2012, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 2.2; vgl. auch StGH 2011/6, Urteil vom 1. Juli 2011, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 2.3; StGH 2010/104, Urteil vom 30. November 2010, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 3.3.1. 193Vgl. Kley, Grundriss, S. 85 unter Bezugnahme auf BGE 103 Ia 117, 103 Ia 480, 108 Ia 80, 120 Ib 195 ff.; vgl. auch StGH 1995/31, Entscheidung vom 3. Mai 1999, nicht veröffentlicht, Erw. 2c; StGH 2006/24, Urteil vom 2. Oktober 2006, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 3 und StGH 2010/104, Urteil vom 30. Novem- ber 2010, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 3.3.1. 194StGH 2006/24, Urteil vom 2. Oktober 2006, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 3.1; StGH 2010/104, Urteil vom 30. November 2010, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 3.3.1; StGH 2007/72, Urteil vom 17. September 2007, <www.stgh.li>, Erw. 4.2; für die Schweiz siehe Häfelin/Haller/Keller, Bundesstaatsrecht, S. 31, Rz. 92. 195Einlässlich zum strafrechtlichen Legalitätsprinzip Wille T., Keine Strafe, S. 407 ff., Rz. 1 ff.; zum Legalitätsprinzip im Abgaberecht siehe ausführlich Wille H., Legali- tätsprinzip, S. 485 ff., Rz. 1 ff. und vorne S. 138 f. 196StGH 2006/24, Urteil vom 2. Oktober 2006, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 3.1; vgl. auch StGH 1995/31, Entscheidung vom 3. Mai 1999, nicht veröffentlicht, Erw. 2c.
	        

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