Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

Wesensgehaltsgarantie144einschliessen, seit Mitte der Achtzigerjahre des vorigen Jahrhunderts in der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes etabliert,145sodass neben den starken Einflüssen der EMRK auf seine Rechtsprechung nicht zu übersehen ist, dass er auch Teile der deutschen und schweizerischen Grundrechtsdoktrin übernommen hat. Insbeson- dere findet sich in seiner Rechtsprechung bei den klassischen Freiheits- und Abwehrrechten, wie der Handels- und Gewerbefreiheit, der Eigen- tumsgarantie und der persönlichen Freiheit, regelmässig der vom deut- schen Bundesverfassungsgericht entwickelte «Dreischritt der Grund- rechtsprüfung»146– Schutzbereich, Eingriff und Rechtfertigung147–, wobei der Staatsgerichtshof in seiner Praxis nicht oft alle drei Schritte exakt nachvollzieht. Er setzt vielmehr regelmässig, d. h. ohne sich näher damit zu befassen bzw. ohne konkrete Erwägungen anzustellen, den Schutzbereich des jeweils zu prüfenden Grundrechts als tangiert und den Eingriff in dasselbe als gegeben voraus, denn er wendet sich, insbe- sondere bei den Verfahrensgrundrechten und dem Recht auf persönliche Freiheit nicht selten unter Verwendung der entsprechenden Grund- rechtsformel direkt der Rechtfertigungsprüfung zu. Konkret prüft der Staatsgerichtshof dann gemäss den «in der Schweiz und in Deutschland 155 
Verfassungs- und Grundrechtsauslegung 144In StGH 2008/60, Urteil vom 30. September 2008, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 3.2, weist der Staatsgerichtshof jedoch darauf hin, dass es kaum eindeutige Kri- terien gibt, um den Kerngehalt der einzelnen Grundrechte zu bestimmen, wobei es jedoch klar ist, dass der Kerngehalt eines Grundrechts nur in krassen Ausnahmefäl- len betroffen sein kann. 145Siehe statt vieler: StGH 1997/19, Urteil vom 5. September 1997, LES 1998, 269 (273 f., Erw. 3.2 f.); StGH 1997/33, Urteil vom 2. April 1998, LES 1999, S. 20 (25 ff., Erw. 5.1 ff.); StGH 2000/41, Entscheidung vom 10. April 2001, nicht veröffentlicht, Erw. 2.1; StGH 2002/86, Entscheidung vom 14. April 2003, nicht veröffentlicht, Erw. 3; StGH 2006/53, Urteil vom 17. September 2007, <www.gerichts ent scheide.li>, Erw. 3; StGH 2011/80, Beschluss vom 26. März 2012, <www.gerichts entscheide.li>, Erw. 4 ff.; StGH 2011/203, Urteil vom 15. Mai 2012, nicht veröffent- licht, Erw. 5.2; StGH 2012/110, Urteil vom 4. Februar 2013, nicht veröffentlicht, Erw. 3.1; StGH 2012/193, Urteil vom 14. Mai 2013, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 5.2; vgl. auch Hoch, Schwerpunkte, S. 71 ff. 146So Ipsen, Grundzüge, S. 266, der anmerkt, dass dieser Dreischritt der Grundrechts- prüfung in Deutschland inzwischen kanonischen Rang hat und in Lehrbüchern geradezu als durch das Grundgesetz selbst vorgegeben erscheint. Er selbst stellt die- sen kanonischen Dreischritt von Schutzbereich, Eingriff und Rechtfertigung infrage und versucht ihn durch drei Ebenen – die Tatbestands-, die Einwirkungs- und die Rechtfertigungsebene – zu ersetzen (S. 266 ff.). 147Siehe dazu auch Pieroth/Schlink, Grundrechte, S. 3, Rz. 9 und S. 54 ff., Rz. 212 ff.
	        

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