Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

1.Wandel und Informationsgesellschaft Die Gesellschaft hat sich, so das Argument, in den letzten Jahrzehnten fundamental gewandelt. Den Bürgern sind, so scheint mir, in der moder- nen Bildungs- und Informationsgesellschaft grundsätzlich Sachverstand und Unbefangenheit zuzutrauen, auch über grundlegende, komplexe politische Sachfragen unmittelbar mitzuentscheiden. Sind die deutschen Bürger, so frage ich mich, im Grunde genommen nicht unterfordert, wenn sie sich darauf beschränken müssen, alle vier Jahre entweder «rechts», «links» oder «Mitte» zu wählen? Jean-Jacques Rousseau hatte sich seinerzeit über die Engländer mokiert, die nur einmal alle paar Jahre eigentlich frei seien, nämlich dann, wenn sie die Mitglieder des Unter- hauses wählten. Heute fällt aber auch das Wahlrecht weitgehend ins Leere. Es beschränkt sich in Deutschland, etwas überspitzt ausgedrückt, darauf, zwischen den an Fernsehduellen präsentierten Spitzenkandida- ten und ihren Parteien zu optieren und in der Folge nicht als «Volk», sondern als «Publikum» das politische Spektakel in den Medien mitzu- verfolgen. Sollten oder könnten sich die Menschen aber nicht, als mün- dige Bürger, vermehrt «in ihre eigenen Anliegen einmischen» (Max Frisch) und ihre Stimme zur Geltung bringen, um Missbräuche zu ver- hindern und zu korrigieren, Werte zu setzen, die Richtung des weiteren politischen Geschehens zu beeinflussen, Gemeinwohl- und Gerechtig- keitsanliegen zu fördern oder zu bestimmen oder einzelne Sachfragen zu lösen? 2.Erzieherisch-integrierende Wirkung Direkt-demokratische Rechte hätten, ins Grundgesetz eingefügt, wohl nicht dieselbe Breite und prägende Kraft, wie dies in der Schweiz tradi- tionellerweise der Fall ist. Dennoch könnten sie dazu beitragen, die Kluft zwischen Staatsmacht und Bürger zu verringern. Sie hätten insbe- sondere einen staatsbürgerlich-erzieherischen Wert. Natürlich ist es so, dass gerade in Staaten mit einem weit ausgebauten demokratischen Sys- tem Bürger oft der Urne fernbleiben, und oft sind sie nur ungenügend informiert. Auch sind wir weit vom Idealbild der Demokratie entfernt, wie es Perikles in der bereits genannten Gefallenenrede entworfen hatte, wonach die demokratische Kultur den Sinn für das Schöne und den 111 
Sine ira et studio oder: cum ira et studio
	        

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