Volltext: Rechtliche Ausgestaltung, Arbeitsweise und Reformbedarf des liechtensteinischen Landtags

bzw. der Annahme oder Zurückweisung der Vorlage (Art. 30 Abs. 1 GOLT). Wird die Vorlage angenommen, dann unterliegt die Vorlage ei- ner zweimaligen Lesung und der Schlussabstimmung (Art. 30 Abs. 2 GOLT).74Während dieser Lesungen kann der Landtag die (Regierungs-) Vorlage jederzeit abändern (Art. 30 Abs. 3 GOLT).75In Plenumsdebatten ist die Wahrnehmung dieses Abänderungsrechts in der zweiten Lesung nicht allen Abgeordneten genehm. Selbst dann nicht, wenn die erste Le- sung in der vorangegangenen Legislaturperiode stattfand und damit der Landtag in seiner neuen Zusammensetzung die Vorlage noch nie (öffent- lich) behandelte.76 Ein Gesetz ist ohne Gegenzeichnung des verantwortlichen Regie- rungschefs oder seines Stellvertreters ungültig (Art. 65 Abs. 1 LV). Es ist demnach für die Gültigkeit eines Gesetzes ein Zutun des Landtags und des Regierungschefs nötig, weshalb die (rechtliche) Möglichkeit besteht, dass der Regierungschef – wie auch der Landesfürst – durch Verweige- 232Landtag 
und Regierung 74 Art. 30 GOLT bestimmt: «Ist vom Landtag Eintreten auf eine Gesetzesvorlage be- schlossen worden, so unterliegt diese in der Regel einer zweimaligen Lesung und der Schlussabstimmung. [...] In der zweiten Lesung wird in der Regel artikelweise abgestimmt. Diese Abstimmung ist für die redaktionelle Fassung eines Artikels ver- bindlich, wenn unmittelbar nach der zweiten Lesung die Schlussabstimmung er- folgt. Der Landtag kann zusätzliche Lesungen mit artikelweiser Abstimmung be- schliessen, vor allem dann, wenn die Behandlung einer Vorlage über die Legislatur- periode hinausgeht.» In der Praxis wird die zweite Lesung per Artikelaufruf durchgeführt. Um dieses Verfahren zu straffen, sollte auf Lesungen verzichtet wer- den, was durch eine simple Änderung der GOLT vorgenommen werden könnte, in- dem dort «Lesung» durch «Beratung» ersetzt wird. 75 Art. 30 AbS. 3 GOLT: «Abänderungs-, Zusatz- oder Streichungsanträge können bis zur Abstimmung über den jeweiligen Artikel eingebracht werden.» 76 LTP 2010, S. 43 ff. Der Abgeordnete Christian Batliner stellte im Märzlandtag 2008 in der zweiten Lesung zum FHG (BuA Nr. 121/2008) einen Abänderungsantrag, was die VU (LTP 2010, S. 47) aufschreckte. Christian Batliner (S. 63) fragte nach dem Sinn der zweiten Lesung: «Was soll die 2. Lesung? Ich meine, wir haben heute nicht über so absolut komplizierte Dinge gesprochen. [...] Wir haben über Zahlen gesprochen. Die VU bedingt sich mehr Vorlaufzeit, damit sie sich Gedanken ma- chen können. Wenn man also in einer 2. Lesung keine Abänderungsanträge mehr einbringen kann, ohne dass das konstruktiv diskutiert wird und das einfach Block- abstimmungen gibt, dann frage ich mich wirklich, was wir hier machen. Dann kann man Ideen oder Gedanken nicht mehr aufnehmen, dann braucht man Vorlaufzeit. Für mich muss im Landtag diskutiert werden. Es muss nicht zwischen den Koaliti- onspartnern vorgängig in einem Parteibüro diskutiert werden. Die Diskussion hat hier stattzufinden.» Schlussendlich wurden sämtliche Anträge sowie die Vorlage selbst nicht angenommen.
	        

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