Volltext: Rechtliche Ausgestaltung, Arbeitsweise und Reformbedarf des liechtensteinischen Landtags

geworden. Zu selten wird ein Thema parteiübergreifend und sachlich be- handelt und zu oft nehmen die Volksparteien prinzipiell gegensätzliche Positionen ein. Dadurch wird eine produktive und sachliche Landtagsar- beit gehemmt. Allerdings wäre eine Zusammenarbeit opportun, denn keine Partei kann «die Probleme allein erfassen oder bewältigen».229Aber nicht nur die Institution Landtag, sondern auch das politische Selbstver- ständnis der Abgeordneten leidet, weil durch die praktizierte Parteidis- ziplin das (positive) Bewusstsein für ihre Rolle als Landtagsabgeordnete nicht gefördert wird. In der Institution Landtag sind sie Teil eines 25- köpfigen Gremiums, welches Entscheidungen mit grundlegenden Kon- sequenzen für Liechtenstein fällt. Jeder Landtagsabgeordnete ist nicht der Partei, sondern dem Gemeinwohl verpflichtet.230Dementsprechend sollte nicht die Partei, sondern der Abgeordnete selbst bestimmen, wie er sein Mandat wahrnimmt. Die Richtschnur sollte das Verantwortungsbe- wusstsein und die Gewissenhaftigkeit des Abgeordneten sein.231 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Volkspar- teien das Politikgeschehen stark beeinflussen. Sie betreiben eine oppor- tunistische Politik mit starker Parteidisziplin und fördern einen Partei- zwang. Es stellt sich abschliessend die Frage, ob eine Partei Möglichkeiten besitzt, ihre Abgeordneten zu disziplinieren. Ein Abgeordneter, welcher sich nicht an die Parteilinie hält, könnte parteiintern etwa mit einer Nichtbenennung für Kommissionen oder Delegationen sanktioniert werden, oder er wird, als drakonischste Massnahme, aus der Partei aus- geschlossen. Der Abgeordnete ist aber weder durch die Verfassung noch durch die Geschäftsordnung verpflichtet, bei Fraktionswechsel sein Mandat niederzulegen. Demzufolge könnten Abgeordnete, die mit ihrer Partei unzufrieden sind, sich einer anderen Partei anschliessen, eine neue Fraktion bilden (mindestens drei Abgeordnete), eine neue Partei grün- den oder partei- oder fraktionsunabhängig bleiben, ohne ihr Landtags- mandat zu verlieren. Für Letzteres hat sich Harry Quaderer entschie- den, als er im Jahr 2010 aus der Vaterländischen Union austrat und seit- her als einziger Parteiunabhängiger sein Landtagsmandat wahrnimmt. 111 
Parteien und Landtagsmandat 229 Batliner, Liechtenstein, S. 71. 230 Lenz, S. 26. 231 Geiger, Abgeordnete, S. 104.
	        

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