Mittelschulen in Deutsch, Griechisch und Latein erworben. Er wurde
Bürger von Bregenz, wo er 1897 bis 1901 Bezirksschulinspektor war. 1901
bis 1908 war Gassner Direktor der Oberrealschule in Görz (Gorizia; damals
Österreich, heute Italien) und 1908 bis 1915 des staatlichen Gymnasiums
in Bregenz. Im Jahr 1915 wurde ihm für seine Verdienste in Österreich
der Titel «Regierungsrat» verliehen. Mit seiner aus Bayern stammenden
Frau Anna Bach (1865—1920) hatte Josef Gassner sieben Kinder. Gassner
verfasste eine italienische Sprachlehre und zahlreiche patriotische Gedichte
über Liechtenstein. Letzteres kann als Beweis für seine Verbundenheit mit
der alten Heimat angesehen werden.”®
Nach seiner Pensionierung wollte Gassner wieder Liechtensteiner
werden. In seinem Gesuch an die Gemeinde Triesenberg vom 1. Juli 1918
wies er daraufhin, dass sein Vater Johann Gottlieb Gassner während
44 Jahren Lehrer in Triesenberg gewesen war. Nun lasse «die heisse
unausrottbare Liebe zum Heimat- und Geburtsorte in ihm den Wunsch
immer dringender werden [...] seine Lebenstage als Bürger dieses Ortes
zu beschliessen». Ausserdem habe ein «schweres Unglück» seinen ältesten
Sohn im Militärdienst getroffen. Er wolle deshalb seinen zwei jüngeren
Söhnen «mit dem liechtensteinischen Staatsbürgerrecht das hohe Gut
der Militärfreiheit verschaffen».?””
Nach erhaltener Zusicherung seiner Wiedereinbürgerung in Trie-
senberg wandte sich Gassner am 10. September 1918 an den Fürsten mit
der Bitte um Wiederaufnahme als Liechtensteiner Staatsbürger. Zudem
bat er den Fürsten, beim Kaiser von Österreich zu erwirken, dass er auch
als Liechtensteiner «den ungeschmälerten Fortgenusse» seiner Pension haben
gönne. Der Regierungsvorsitzende Martin Ritter teilte am 5. Dezember 1918
mit, dass der Fürst in dieser Sache nicht mehr beim Kaiser intervenieren
und auch sonst nichts mehr machen könne, dass aber für Gassner nach
Präsentation einer Entlassungsurkunde aus dem österreichischen Staats-
verband eine Wiederaufnahme als Liechtensteiner Bürger möglich sei.
Tatsächlich hatte Fürst Johann II. bereits am 25. September 1918 der
Wiederaufnahme Gassners in den liechtensteinischen Staatsverband
zugestimmt. Um seine Pensionsansprüche in Österreich nicht zu verlieren,
verzichtete Josef Gassner aber letztlich auf die schon vorbereitete Rück-
Jürgerung in Liechtenstein.”®
[osef Gassner war — wie der bereits erwähnte Georg Kindle — ein
Pädagoge, der aufgrund offensichtlich fehlender Arbeitsmöglichkeiten
in Liechtenstein nach Österreich ausgewandert war, um dort als Lehrer
:ätig zu sein. Die Folgen des Ersten Weltkriegs bewogen beide, um eine
Rückbürgerung in Liechtenstein anzusuchen. Dabei spielte auch die
Militärpflicht eine Rolle. Georg Kindle wollte selbst dem Militärdienst
entgegen, Josef Gassner hatte einen Sohn, der an der Kriegsfront verletzt
wurde. Gassner wollte deshalb — während der Krieg noch im Gang war
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Mathias Ospelt: Gassner, Josef.
m HLFL. Vaduz, Zürich 2012.
GATb A HA 10: Schreiben von Josef
Zassner an die Gemeindevorstehung
Tiesenberg, 1. Juli 1918.
LI LA RE 1918/4255: Josef Gassner,
k.k. Regierungsrat, Aufnahme in den
liechtensteinischen Staatsverband, Joset
Gassner junior (1894-1945) hatte an
‚Weihnachten 1917 an der Kriegsfront
das rechte Bein verloren. Er wurde späte
Leiter des Invalidenheims in Bregenz;
Familienchronik Triesenberg 1986-1988,
Bd. 5, S. 38-39
1 05