Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

jedes Gesetz reiche aus, um Grundrechte einzuschränken. Vielmehr seien diese auch gegenüber dem Gesetzgeber geschützt.80Folgende Ge- sichtspunkte sind in diesem Zusammenhang besonders hervorzuheben: Zum einen stellt der Staatsgerichtshof eine 
Korrelation zwischen Eingriffsintensität und Gesetzesbestimmtheither. So hat er etwa im Rah- men seiner Rechtsprechung zur Eigentumsgarantie81den Grundsatz ent- wickelt, schwere Grundrechtseingriffe verlangten klare Gesetzesbestim- mungen, die objektive Merkmale für die Zulässigkeit der Freiheitsver- kürzung enthielten.82Für schwere Eingriffe wird auch am Erfordernis einer formellgesetzlichen Grundlage83festgehalten.84Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BV formuliert explizit, dass «schwerwiegende Einschränkungen […] im Gesetz selbst» – und d. h.: in einem Gesetz im formellen Sinne – vor- gesehen sein müssen. Ganz allgemein ist dementsprechend ein 
doppeltes Entsprechungsverhältniszu fordern: Einerseits muss die Schwere eines Grundrechtseingriffs mit der Normdichte korrelieren, andererseits mit der je angemessenen Normtiefe.85 Schon Ende der 1960er Jahre hält es der Staatsgerichtshof für «wünschenswert, dass der Gesetzgeber den Rahmen möglichst genau festlegt und dabei Wendungen wie ‹im öffentlichen Interesse› oder ‹durch öffentliche Rücksichten geboten› vermeidet». Vielmehr solle der Begriff des öffentlichen Interesses näher spezifiziert werden; das Gericht schlägt als Beispielformulierungen vor: Schutz des Lebens und der Ge- sundheit, öffentliche Sicherheit, Allgemeininteressen der Wirtschaft, des Verkehrs u. ä.86Da dieser «Wunsch» des Staatsgerichtshofs nicht durch- 98Wolfram 
Höfling 80So im Blick auf die Handels- und Gewerbefreiheit aus neuerer Zeit etwa StGH 2004/76, Erw. 5; StGH 2006/44, LES 2008, 11 (16), Erw. 3 unter Bezugnahme auf StGH 2004/14, Erw. 3. 81Insoweit bestehen durchaus Parallelen zur Judikatur des schweizerischen Bundes- gerichts; siehe etwa BGE 74 I 147, S. 155 f.; 106 Ia 366. 82So z.B. die Grundsatzentscheidung zur Eigentumsgarantie: StGH 1960/8, Erw. 11, ELG 1955–1961, S. 151 (160 f.); ferner etwa StGH 1973/5, Entscheidung vom 2.7.1973, ELG 1973–1978, S. 361 (362 f.); zur Handels- und Gewerbefreiheit siehe StGH 2006/44, LES 2008, S. 11 ff.; siehe auch Höfling, Grundrechtsordnung, S. 178. 83Siehe vorstehend Abschnitt 2.1. 84Siehe StGH 2006/44, Erw. 4, LES 2008, S. 11 (16); vgl. ferner StGH 2006/19, Erw. 2.1, LES 2008, S. 1 (4). 85Dazu aus Schweizer Sicht etwa Schefer, Grundrechte, Rz. 54 ff.; vgl. auch StGH 2006/19, Erw. 2.1: «eher strenger Massstab an die gesetzliche Grundlage». 86Siehe StGH 1968/3, Erw. 6, ELG 1967–1972, S. 239 (243). 
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