Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

für juristische Personen des Privatrechts54gelten, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.55Entsprechendes gilt für die Judikatur und das Schrifttum in Österreich.56 Im Kern beanspruchen diese grundrechtsdogmatischen Überle- gungen zur Geltungskraft der Grundrechte auch für das Fürstentum Liechtenstein Gültigkeit. So hat der Staatsgerichtshof die Auffassung vertreten, es entspreche einem «allgemeinen Grundsatz […], dass die Grundrechte auch inländischen juristischen Personen zustehen, soweit dies dem Wesen der juristischen Person entspricht».57An der grundsätz- lichen Erstreckung der Grundrechtssubjektivität auch auf die juristische Person (des Privatrechts) sah sich der Staatsgerichtshof weder durch den Titel des IV. Hauptstücks der Verfassung («Von den allgemeinen Rech- ten und Pflichten der Landesangehörigen») noch durch die Formulie- rung des Art. 11 Nr. 1 StGHG (a. F.) gehindert, wonach der Staatsge- richtshof als erste und einzige Instanz zuständig ist zur Beurteilung von Beschwerden und zum Schutz der verfassungsmässig gewährleisteten Rechte «der Bürger». Dieses Tatbestandselement sei nicht allein gram- matikalisch zu interpretieren; seiner Teleologie nach umfasse es auch ju- ristische Personen.58 In den Ausführungen des Staatsgerichtshofs fällt allerdings auf, dass er einen anderen Bezugspunkt für den «Wesensaspekt» wählt, wenn es heisst, dass die Grundrechte auch inländischen juristischen Personen zustünden, soweit dies dem Wesen der juristischen Person entspreche.59 Dies muss indes nicht bedeuten, dass der Staatsgerichtshof eine abwei- chende Konzeption vertritt. Seine Judikatur lässt sich durchaus auch in dem Sinne interpretieren, dass eine Erstreckung der Grundrechtsgeltung auf juristische Personen insoweit gerechtfertigt sei, als deren Bildung 68Wolfram 
Höfling 54Zu dieser Unterscheidung noch sogleich in Abschnitt 3. 55Siehe beispielsweise Hangartner, Grundzüge Band II, S. 39; Kley Andreas, Der Grundrechtskatalog der nachgeführten Bundesverfassung. Ausgewählte Neuerun- gen, in: ZBJV 135 (1999), S. 301 (339). 56Siehe etwa Verfassungsgerichtshof, VfSlg. 2088/1951; 3495/1959; 5531/1967; 8320/1978; 15.440/1999. 57So StGH 1977/3, Erw. 3, LES 1981, S. 41 (43); vgl. auch schon StGH 1972/1, Ent- scheidung vom 6. Juli 1972, ELG 1973–78, S. 336 (338). 58Siehe StGH 1984/14, Erw. 1, S. 36 (38); zum Ganzen auch Höfling, Grundrechts- ordnung, S. 64 f. 59Siehe StGH 1977/3, Erw. 3, LES 1981, S. 41 (43). 
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