Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

3.Misstrauensantrag gegen den Landesfürsten Gestützt auf den neuen Art. 13ter LV kann gegen die Person des Lan- desfürsten aus dem Volk (dem Landtag steht diese Möglichkeit nicht zu) ein Misstrauensantrag eingebracht werden. Dieser Antrag ist den Stimm- berechtigten obligatorisch zur Abstimmung zu unterbreiten. Der An- trag richtet sich nicht gegen die Monarchie als Staatsform, sondern gegen die Person des Landesfürsten.113 Der Fürst ist jedoch im Falle der Annahme des Antrags durch die Stimmberechtigten nicht zur Abdankung verpflichtet; vielmehr ist das Fürstenhaus frei in der Entscheidung, ob und allenfalls welche Konse- quenzen aus dem Volksentscheid gezogen werden sollen. Die Volksab- stimmung hat für die Stellung des Fürsten keine verbindlichen Folgen, was der Abstimmung einen konsultativen bzw. Petitionscharakter ver- leiht. Dies ist angesichts der Tragweite des Abstimmungsgegenstandes – eine Mehrheit des Stimmvolkes spricht dem Staatsoberhaupt das Miss- trauen aus – mit der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung für ei- nen Staat auf demokratischer und parlamentarischer Grundlage (Art. 2 LV) schwer vereinbar.114 Problematisch ist weiter, dass auch für diesen Fall das Verfahren der Volksinitiative, also ein Verfahren zur Einbringung eines Sachge- schäfts, für einen Personalentscheid zur Anwendung gelangt. Diese Aus- weitung des Anwendungsbereichs des Initiativverfahrens steht im Wi- derspruch zum Grundsatz der geheimen Wahlen nach Art. 46 Abs. 1 LV und Art. 3 des 1. ZP zur EMRK, da mindestens 1500 Stimmberechtigte gezwungen sind, bereits im Vorfeld der Volksabstimmung ihre Haltung betreffend einen Personalentscheid öffentlich kundzutun.115 Die Wahrscheinlichkeit, dass es je zu einem solchen Verfahren kommen wird, ist jedoch sehr klein. Wer einen Misstrauensantrag unter- zeichnet, exponiert sich in der Öffentlichkeit. Zudem ist für diesen Son- derfall der Mitwirkung des Volkes die Hürde von 1500 Unterschriften 669 
Politische Rechte 113Es handelt sich um ein «negatives Wahlverfahren», vgl. Rhinow, Rechtsgutachten, S. 84. 114So auch Frowein, Rechtsgutachten, S. 24; Rhinow, Rechtsgutachten, S. 87. Kritisch in Bezug auf die Stärkung der direktdemokratischen Rechte auch Marcinkowski / Marxer, Öffentlichkeit, S. 92. 115Batliner, Fragen, Rz. 180; Funk, Rechtsgutachten, S. 38.67 
68 69 70
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.