Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

3.2Ausschluss des Referendums Erlasse und Finanzbeschlüsse unterliegen nicht in jedem Fall dem Refe- rendum. Der Landtag kann sie durch eine Dringlicherklärung dem Re- ferendum entziehen (Art. 66 Abs. 1 LV und Art. 75 Abs. 4 VRG). Für Staatsverträge gilt dies nicht (Art. 66bis Abs. 1 LV). Anders als beispiels- weise in der Schweiz99ist für die Dringlicherklärung einer Vorlage we- der eine sachliche und zeitliche Dringlichkeit noch eine Befristung er- forderlich; der Landtag entscheidet darüber nach eigenem Ermessen.100 Dabei trifft ihn jedoch eine Begründungspflicht.101 3.3Grundsatzabstimmung Eine spezielle Art des Behördenreferendums sieht Art. 66 Abs. 3 LV vor. Der Landtag ist befugt, über die Aufnahme einzelner Grundsätze in ein erst noch zu erlassendes Gesetz eine Volksabstimmung abhalten zu las- sen. Dabei handelt es sich lediglich um eine Konsultativabstimmung: Der Landtag ist an das Ergebnis der Volksabstimmung rechtlich nicht gebunden (sog. Volksbefragung, Art. 79 VRG).102Gegenstand der Volks- 665 
Politische Rechte 99Art. 165 Abs. 1 und 3 BV. 100Art. 75 Abs. 4 VRG e contrario. Vgl. zur berechtigterweise hiergegen erhobenen Kritik Batliner, Volksrechte, S. 188 m. w. H.; Hoch, Verfassungs- und Gesetzgebung, S. 222. Nach Ritter, Besonderheiten, S. 7, spreche einiges dafür, eine Dringlicherklä- rung nur zuzulassen, wenn ein Beschluss tatsächlich zeitlich unaufschiebbar sei; zu- sätzlich sollte er nachträglich dem Referendum unterstellt werden. Anzumerken ist, dass mittels einer Volksinitiative auch der Gegenstand eines dringlich erklärten Be- schlusses einer Volksabstimmung zugeführt werden kann (sog. unechtes Referen- dumsrecht), Batliner, Volksrechte, S. 188; Hoch, Verfassungs- und Gesetzgebung, S. 223. Dies trifft jedoch nur insoweit zu, als es sich nicht um einen Finanzbeschluss handelt, da die Initiative nur legislative Akte zum Gegenstand haben kann, vgl. vorne Rz. 23 ff. 101Das Instrument der Dringlicherklärung wird vom Landtag sowohl für Erlasse als auch für Finanzbeschlüsse relativ häufig benutzt; vgl. als jüngste Beispiele die bei- den Abänderungen der Konkursordnung (LGBl. 2009 Nr. 346 und LGBl. 2009 Nr. 205), LtProt vom 16. Dezember 2009, S. 2088 ff., und LtProt vom 26. Juni 2009, S. 619 ff., sowie die Bewilligung von Nachtragskrediten und Kreditüberschreitun- gen VII/2008, LtProt vom 10. Dezember 2008, S. 3225 ff. 102Anders beispielsweise Art. 138 Abs. 3 und Art. 139 Abs. 3 der Verfassung des Kan- tons Solothurn vom 8. Juni 1986, wonach die Entscheidung einer Grundsatzfrage verbindlich ist. Vgl. auch Art. 62 Abs. 1 lit. e der Verfassung des Kantons Bern vom 6. Juni 1993 sowie Art. 16 Ziff. 5 und Art. 19 der Verfassung des Kantons Grau- bünden vom 14. September 2003.58 59
	        

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