Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

wesentlich für die Beantwortung der Frage, ob die Gemeindeorgane im Rahmen von Einbürgerungsabstimmungen an die Grundrechte gebun- den sind und somit ihre Entscheidungen zu begründen haben. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Abstimmungen in der Gemeinde über die Aufnahme von Ausländern in das Landesbürgerrecht einen willkürlichen Charakter haben können. Ohne dass die Gemeinde Gründe für ihren Entscheid darlegt, können diskriminierende und somit verfassungsrecht- lich fragwürdige Entscheidungen nicht ausgeschlossen werden. Proble- matisch ist auch die Tatsache, dass gegen ablehnende Einbürgerungsent- scheide der Gemeinden kein Rechtsmittel gegeben ist. Das Recht auf Be- schwerdeführung nach Art. 43 LV kann so nicht gewährleistet werden. Es ist insbesondere mit Bezug auf die Schweizer Lehre und Recht- sprechung, welche aufgrund des in diesem Zusammenhang durchaus vergleichbaren verfassungsrechtlichen Verständnisses beigezogen wer- den kann, davon auszugehen, dass eine Urnenabstimmung über Einbür- gerungen, bei welcher den abgelehnten Einbürgerungskandidaten keine Begründung für die Ablehnung geliefert wird, das Recht auf Begrün- dung gemäss Art. 43 LV verletzt. Zur Frage, ob eine Gemeindebehörde im Sinne eines Surrogats diese Begründung nachliefern und damit die Verletzung der Begründungspflicht geheilt werden könnte, hat sich das Schweizer Bundesgericht ablehnend geäussert.42In Liechtenstein exis- tiert auch dazu kein Präjudiz. Es ist aber nicht zu erwarten, dass der Staatsgerichtshof zu dieser Frage eine andere Meinung vertreten würde. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die einschlägige Bestimmung im Gemeindegesetz über Urnenabstimmungen verfas- sungsrechtlich bedenklich ist und einer vertieften Überprüfung unterzo- gen werden sollte.43 632Ralph 
Wanger Diskriminierungsverbot faktisch leerlaufe. Darüber hinaus liess sich das Bundesge- richt auch darüber aus, ob es allenfalls andere Möglichkeiten gebe, die systembe- dingt fehlende Begründung von Urnenentscheiden auszugleichen. Es kam jedoch zum Ergebnis, dass eine nachträgliche Begründung durch eine Gemeindebehörde diesen rechtsstaatlichen Mangel nicht ausgleichen könne. Es seien auch keine ande- ren Möglichkeiten ersichtlich, die fehlende Begründung von Einbürgerungsent- scheiden an der Urne auszugleichen. 42Vgl. BGE 129 I 232. – Vgl. zur Möglichkeit einer Heilung StGH 2005/90 Erw. 4.2., LES 2007, S. 420 (423). 43Denkbar wäre, Bürgerrechtkommissionen oder Einbürgerungsräte einzusetzen. Dazu müsste Art. 21 Abs. 3 GemG dahingehend abgeändert werden, dass über die 
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