Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

I.Allgemeines 1.Verfassungsgeschichtliche Entwicklung Der verfassungsrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör hat seine Wurzeln in der Magna Charta libertatum und findet in den «due process of law»-Garantien der Petition of Rights seine Fortsetzung. Die franzö- sische Verfassung von 1793 hält dann zum ersten Mal ausdrücklich fest, dass eine Person nur gerichtet und bestraft werden darf, wenn sie davor angehört worden ist.1Im Gegensatz dazu findet sich der Anspruch auf rechtliches Gehör in der liechtensteinischen Verfassungsgeschichte in keiner Verfassungsurkunde; auch die geltende Verfassung von 1921 ge- währleistet diesen Anspruch nicht ausdrücklich. Der Staatsgerichtshof hat aber in einer schöpferischen Rechtsprechung aus dem Gleichheits- satz des Art. 31 Abs. 1 Satz 1 LV unter anderem auch den Anspruch auf rechtliches Gehör abgeleitet.2Darüber hinaus greift er zur Konkretisie- rung dieses Anspruchs auf Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 EMRK zurück.3Im Strafverfahren wiederum verortet der Staatsgerichtshof den Anspruch auf rechtliches Gehör als Bestandteil des in Art. 33 Abs. 3 LV garantier- 566Hugo 
Vogt 1Siehe Art. 14, S. 1, der französischen Verfassung von 1793, im Internet abrufbar un- ter <www.verfassungen.eu/f/fverf93-i.htm>. Dies gilt ebenso für die französische Verfassung von 1795, im Internet abrufbar unter <www.verfassungen.eu/f/fverf95- l.htm>. Vgl. dazu auch Schulze-Fielitz, Art. 103 GG, Rz. 2 f.; Rüping Hinrich, Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs und seine Bedeutung im Strafverfahren, Berlin 1976, S. 85 ff. 2Vgl. aus der jüngeren Rechtsprechung statt vieler: StGH 2005/59 und StGH 2005/60, Entscheidung vom 15. Mai 2006, Erw. 2.1, publiziert unter <www.gerichts entscheidungen.li>; StGH 2008/123, Entscheidung vom 30. März 2009, Erw. 2.1, publiziert unter <www.gerichtsentscheidungen.li>. Zur historischen Entwicklung der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes zum Anspruch auf rechtliches Gehör vgl. Höfling, Grundrechtsordnung, S. 245 ff. Bei den Ableitungen von Verfahrens- garantien aus dem allgemeinen Gleichheitssatz spricht Hilmar Hoch von einer «kreativen Rechtsprechung» des Staatsgerichtshofes. Vgl. Hoch, Verfahrensgaran- tien, S. 107. 3Vgl. aus der jüngeren Rechtsprechung statt vieler: StGH 2005/59 und StGH 2005/60, Entscheidung vom 15. Mai 2006, Erw. 2.1, publiziert unter <www.gerichts entscheidungen.li>; StGH 2008/123, Entscheidung vom 30. März 2009, Erw. 2.1, publiziert unter <www.gerichtsentscheidungen.li>. Vgl. auch die umfassenden Rechtsprechungsnachweise bei Wille T., Verfassungsprozessrecht, S. 336 ff. Siehe ferner Hoch, Verfahrensgarantien, S. 115 f.; Höfling, Grundrechtsordnung, S. 245 ff.; Kley, Grundriss, S. 251 ff. 1
	        

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