Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

henden Gericht».87Aus Abs. 1 Satz 1 lässt sich ein Recht auf ein Gericht und als Ausfluss dieses Rechts, ein Recht auf Zugang zu einem Gericht ableiten.88So hält der EGMR in ständiger Rechtsprechung fest, dass Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht nur auf bereits anhängige Verfahren anwendbar ist, sondern dass er auch jedem, der die Verletzung eines (zivilen) Rechts geltend machen will, einen Anspruch auf ein Gericht und Zugang zu die- sem gewährt.89Wirksam ist das Recht auf ein Gericht dann, wenn der Betroffene eine eindeutige und konkrete Möglichkeit hat, Massnahmen, die in seine Rechte eingreifen, gerichtlich anzufechten.90Dieser völker- rechtlichen Norm korrespondiert der vom Staatsgerichtshof anerkannte «materielle» Gehalt des Art. 43 LV, der in der Gewährleistung eines an- gemessenen und effektiven Rechtsschutzes besteht.91 Wie das in Art. 43 LV geschützte Beschwerderecht gilt auch das in Art. 6 Abs. 1 EMRK garantierte Recht auf Zugang zum Gericht nicht 522Tobias 
Michael Wille 87StGH 2008/79, Urteil vom 30. November 2009, nicht veröffentlicht, S. 24 Erw. 5.1; StGH 2010/73, Urteil vom 29. November 2010, nicht veröffentlicht, S. 10 Erw. 3.1; siehe auch StGH 2005/89, Urteil vom 1. September 2006 LES 2007, S. 411 (413 Erw. 5.1); siehe zur richterlichen Unabhängigkeit und Unbefangenheit in diesem Buch Tobias Wille, S. 331 ff. 88Meyer-Ladewig, EMRK, S. 128 Rz. 32. 89Siehe Frowein / Peukert, EMRK, S. 166 f. Rz. 45 mit Rechtsprechungsnachweisen; vgl. auch Mayer-Ladewig, EMRK, S. 128 Rz. 32; Grabenwarter, EMRK, S. 360 Rz. 58 weist darauf hin, dass das Recht auf Zugang zu einem Gericht im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK die Konventionsstaaten jedoch nicht dazu verpflichtet, die Streitig- keiten einem Verfahren zu unterstellen, das in jeder Phase vor einem Gericht gemäss dieser Vorschrift geführt wird. Vielmehr kann es nach der EGMR-Rechtsprechung aufgrund der Erfordernisse der Flexibilität und Effizienz, die ihrerseits mit dem Menschenrechtsschutz vereinbar sind, gerechtfertigt sein, dass in der ersten Instanz eine Verwaltungsbehörde und a fortiori auch ein Gericht entscheidet, welches den genannten Anforderungen nicht in jeder Hinsicht genügt. Vgl. in diesem Zusam- menhang beispielsweise auch StGH 2009/2, Urteil vom 15. September 2009, <www. gerichtsentscheide.li>, S. 18 f. Erw. 3, wonach der Staatsgerichtshof die in Art. 78 Abs. 1 IVG normierte Zuständigkeit des Obergerichtes zur Überprüfung von Ent- scheidungen der IV-Anstalt als im Einklang sowohl mit der Gewaltenteilung als auch mit den in diesem Zusammenhang geltend gemachten Grundrechten erachtete. Siehe auch StGH 2010/80, Urteil vom 29. November 2010, <www.gerichtsent scheide.li>, S. 11 Erw. 2.2. 90Vgl. Mayer / Ladewig, EMRK, S. 128 Rz. 32. 91StGH 2009/93, Urteil vom 1. Dezember 2009, nicht veröffentlicht, S. 36 Erw. 7.1; StGH 2010/145, Urteil vom 18. Mai 2011, nicht veröffentlicht, S. 12 Erw. 2.2; siehe auch StGH 2001/26, Entscheidung vom 18. Februar 2002, LES 2004, S. 168 (173 ff. Erw. 3 ff.). 23
	        

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