Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

1.1.2Gesetzliche Bestimmtheit Das Bestimmtheitsgebot, welches das vom Gesetzmässigkeitsprinzip ge- schützte Postulat der Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit umsetzt,52 verlangt möglichst exakte («genügend klare») Normen,53nach denen die Betroffenen ihr Verhalten ausrichten und die Auswirkungen, die mit ih- nen verbunden sind, hinreichend voraussehen können. Bürger und Be- hörden sollen den Regelungsgehalt einer Norm im Idealfall optimal berechnen und nachvollziehen können. Die Anforderungen an die Be- stimmtheit im formellen Gesetz sind umso höher, je schwerer die Ein- griffe in die Rechtsstellung des Einzelnen wiegen, welche mit den in Frage stehenden Abgaben verknüpft sein können. Für eine strenge Ein- haltung des Bestimmtheitsgebotes spricht etwa, wenn die betroffenen Abgabepflichtigen auf die abzugeltenden Leistungen angewiesen sind oder diese in Anspruch nehmen müssen.54Der erforderliche Bestimmt- heitsgrad einer Norm lässt sich aber nicht abstrakt festlegen. Er hängt von der zugrundeliegenden Materie ab.55Wie genau das Gesetz eine Re- gelung zu treffen hat, insbesondere wo die Grenze zwischen ausreichen- der Bestimmtheit des Gesetzes und zu weit gehender Ermächtigung bzw. formalgesetzlicher Delegation verläuft, «kann auf erkenntnismässigem Weg letztlich nicht präzise beantwortet werden».56Massgebend sind die Umstände im Einzelfall. Die Anforderungen an die Bestimmtheit und Verständlichkeit der Steuergesetze dürfen aber nicht «sachfremd über- steigert» werden, da jedes Rechtsgebiet – insbesondere auch das Steuer- recht – seine typischen sachbezogenen Eigenheiten hat, ohne deren Kenntnis das Normverständnis erschwert ist.57Der Staatsgerichtshof ge- steht dem Gesetzgeber ein «gewisses Mass an Gestaltungsfreiheit» zu.58 496Herbert 
Wille 52Kley, Grundriss, S. 175. 53StGH 1996/29, Urteil vom 24. April 1996, LES 1/1998, S. 13 (17, Erw. 2.3.2); StGH 2000/39, Entscheidung vom 11. Juni 2001, nicht veröffentlicht, S. 43, Erw. 4/ab. 54StGH 2009/124, Urteil vom 22. Juni 2010, nicht veröffentlicht, S. 15, Erw. 2.4. 55Vgl. Wyss, Kausalabgaben, S. 142. 56Walter / Mayer, Bundesverfassungsrecht, S. 254, Rz. 573. 57StGH 2000/39, Entscheidung vom 11. Juni 2001, nicht veröffentlicht, S. 43, Erw. 4d. In StGH 2002/66, Urteil vom 17. November 2003, nicht veröffentlicht, S. 12, Erw. 8, spricht der Staatsgerichtshof davon, dass keine Regelung verlangt werden darf, die jede Auslegung überflüssig macht. Eine solche Forderung würde den Grundsatz der Gesetzmässigkeit der öffentlichen Abgaben «unsachgemäss überspannen». 58StGH 2000/39, Entscheidung vom 11. Juni 2001, nicht veröffentlicht, S. 42, Erw. 4/ab. 10
	        

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