Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

Rechtsbeistand, und zwar unabhängig davon, ob die Bestellung im Inte- resse der Rechtspflege erforderlich ist. Die Pflicht, einen Pflichtverteidi- ger für die in § 26 Abs. 3 StPO erwähnten Verfahrensarten bzw. Verfah- rensabschnitte zu bestellen, besteht auch für Beschuldigte bzw. Ange- klagte, die nicht mittellos sind. Art. 6 Abs. 3 Bst. c EMRK und auch Art. 43 LV bzw. Art. 33 Abs. 3 LV verfolgen das Ziel, eine wirksame Verteidigung des von einem straf- gerichtlichen Verfahren Betroffenen sicherzustellen. Sowohl die Verfas- sung als auch das Konventionsrecht garantieren einen Anspruch auf un- entgeltliche Rechtspflege. Sie gewähren im Ergebnis grundsätzlich den- selben Rechtsschutz, auch wenn sie sich in ihrem Wortlaut nicht genau entsprechen.171Dabei kommt der Waffengleichheit bei der Ausgestal- tung der Verfahrenshilfe eine wichtige «Orientierungslinie» zu.172Der Staatsgerichtshof hat auch festgehalten, dass sich das Recht auf unent- geltliche Verteidigung nicht nur auf das Hauptverfahren und das Rechts- mittelverfahren erstreckt, sondern auch das Untersuchungsverfahren einschliesst. Es hat allerdings nicht stets das gesamte Untersuchungssta- dium zum Inhalt.173So erachtete es der Staatsgerichtshof in StGH 2005/30 mit Art. 33 Abs. 3 LV und Art. 6 Abs. 3 Bst. c EMRK als ver- einbar, einer Beschwerdeführerin im Untersuchungsstadium, in dem un- tersuchungsrichterliche Beschlagnahme- und Herausgabeschlüsse, d. h. rein vermögensrechtliche Anordnungen bzw. Massnahmen zur Beweis- sicherung Gegenstand des Verfahrens waren, den Anspruch auf unent- geltliche Verteidigung zu versagen. Er begründete sein Vorgehen haupt- sächlich damit, den vom Untersuchungsrichter verfügten Anordnungen komme jedenfalls insgesamt nicht ein solches Gewicht zu, dass sie als wesentlich für den Ausgang dieses Strafverfahrens bezeichnet werden könnten und daher die Beigebung eines Verteidigers gemäss § 26 Abs. 2 StPO im gegenwärtigen Zeitpunkt des Untersuchungsverfahrens im In- teresse der Rechtspflege erforderlich wäre.174Auch wenn der Staatsge- 467 
Recht auf wirksame Verteidigung 171StGH 2005/30, Urteil vom 3. Juli 2006, <www.stgh.li>, S. 16 ff. Erw. 2.1. 172StGH 2001/26, Entscheidung vom 18. Februar 2002, <www.stgh.li>, S. 15 f. Erw. 6. 173StGH 2005/30, Urteil vom 3. Juli 2006, <www.stgh.li>, S. 19 Erw. 2.3; vgl. auch StGH 2001/75, Entscheidung vom 24. Juni 2002, <www.stgh.li>, S. 8 f. Erw. 3, und StGH 2009/23, Urteil vom 23. Oktober 2009, <www.gerichtsentscheide.li>, S. 12 Erw. 3.2. 174StGH 2005/30, Urteil vom 3. Juli 2006, <www.stgh.li>, S. 20 f. Erw. 2.5.32
	        

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