Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

3. Satz StPO einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich und der Hinweis im Gesetzeswortlaut auf «einzelne» Aktenstücke als Ausprä- gung des Verhältnismässigkeitsprinzips zu betrachten.122Die Aktenein- sicht kann daher «nicht leichthin pauschal verweigert werden und ist im Zweifel näher zu begründen».123Es ist jedoch durchaus zulässig, «die Akteneinsicht kurzzeitig einzuschränken, wenn ansonsten die Strafun- tersuchung erschwert oder ganz verunmöglicht würde».124Eine partielle Einschränkung der Akteneinsicht erfordert aber neben der gesetzlichen Grundlage und der Verhältnismässigkeit stets eine Abwägung der Inte- ressen der Öffentlichkeit an der Wahrheitsfindung im Strafverfahren und den Interessen des Beschuldigten auf wirksame Verteidigung bzw. auf Einhaltung der grundrechtlichen Verfahrensgarantien.125Im Sinne ei- ner solchen Interessenabwägung hat der Staatsgerichtshof im Lichte des aus dem Recht auf wirksame Verteidigung bzw. aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör abgeleiteten Akteneinsichtsrechts ein striktes Über- setzungserfordernis von englischsprachigen Urkunden in Strafrechtshil- fesachen als nicht praktikabel gehalten. Er ist der Ansicht, dass ein strik- tes Übersetzungserfordernis für sämtliche Beilagen die Behandlung von komplexen Rechtshilfeersuchen massiv verzögern, wenn nicht verun- möglichen würde. Der Staatsgerichtshof musste sich dabei allerdings nicht mit der Frage befassen und konnte sie offenlassen, inwieweit fremdsprachige Beilagen übersetzt werden müssen, auf die im Rechts- hilfeersuchen ohne nähere Ausführungen verwiesen wird und ohne de- 459 
Recht auf wirksame Verteidigung 122StGH 2006/107, Urteil vom 4. Dezember 2007, nicht veröffentlicht, S. 7 f. Erw. 2.3; vgl. auch StGH 1991/8, Urteil vom 19. Dezember 1991, LES 1992, S. 96 (98 f. Erw. 5); StGH 2002/1, Entscheidung vom 22. April 2002, nicht veröffentlicht, Erw. 3.1; StGH 2004/37, Urteil vom 20. Juni 2005, nicht veröffentlicht, Erw. 2.1. 123StGH 2006/107, Urteil vom 4. Dezember 2007, nicht veröffentlicht, S. 7 f. Erw. 2.3; siehe auch StGH 2008/122, Urteil vom 10. Februar 2009, <www.stgh.li>, S. 25 f. Erw. 3.1, sowie StGH 2004/37, Urteil vom 20. Juni 2005, nicht veröffentlicht, Erw. 2.1, wonach zu begründen ist, weshalb die Akteneinsicht nicht nur bezüglich ein- zelner Aktenstücke, sondern für den gesamten Strafakt verweigert werden muss. 124StGH 2006/107, Urteil vom 4. Dezember 2007, nicht veröffentlicht, S. 7 f. Erw. 2.3 f.; vgl. auch StGH 2002/1, Entscheidung vom 22. April 2002, nicht veröf- fentlicht, Erw. 3.1 f.; StGH 2004/37, Urteil vom 20. Juni 2005, nicht veröffentlicht, Erw. 2.1 f. 125Vgl. StGH 2006/107, Urteil vom 4. Dezember 2007, nicht veröffentlicht, S. 8 Erw. 2.4. Ähnlich zur Interessenabwägung in Strafrechtshilfesachen auch schon StGH 2002/76, Entscheidung vom 14. April 2003, <www.stgh.li>, S. 18 ff. Erw. 4.4; siehe auch StGH 2004/37, Urteil vom 20. Juni 2005, nicht veröffentlicht, Erw. 2.3.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.