Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

I.Allgemeine Vorbemerkungen 1.Geschichtliche Entwicklung Es war ein besonderes Anliegen des Rechtsstaates, der auf dem Grund- satz der Gewaltenteilung aufgebaut ist und sich im 19. Jahrhundert he- rausgebildet hat, die Unabhängigkeit der Rechtsprechung zu sichern. In diesem Zusammenhang steht auch die Idee des gesetzlichen Richters und damit verbunden das Verbot von Ausnahmegerichten, welche sich in ih- rem ursprünglichen Verständnis in erster Linie gegen die sogenannte «Kabinettsjustiz», d. h. gegen die Versuche des Monarchen richteten, ge- richtliche Verfahren an sich zu ziehen oder nach Gutdünken Richter zu bestellen bzw. abzusetzen.2Die Formulierung «niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden» findet sich erstmals in Kap. V Art. 4 der französischen Verfassung von 1791.3Vergleichsweise spät übernimmt die liechtensteinische Verfassung das Recht auf den ordent- lichen Richter und das Verbot von Ausnahmegerichten. Entsprechende Ansätze sind zwar in der Verfassung vom 26. September 1862 zu finden,4 aber erst die heute geltende Verfassung vom 5. Oktober 19215enthält in Art. 33 Abs. 1 den Wortlaut: «Niemand darf seinem ordentlichen Rich- ter entzogen, Ausnahmegerichte dürfen nicht eingeführt werden.» An diesem Text hat sich bisher nichts geändert.6 2.Normative Grundlagen Neben dieser innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Verankerung be- fassen sich zunehmend auch internationale Konventionen mit dem Recht auf den ordentlichen bzw. gesetzlichen Richter. Nach Art. 6 333 
Recht auf den ordentlichen Richter 2Vgl. Berka, Grundrechte, Rz. 772. 3Siehe dazu und allgemein zu den ideen- und verfassungsgeschichtlichen Aspekten des gesetzlichen Richters Schulze-Fielitz, Art. 101 GG, Rz. 1 ff.; siehe auch Gra- benwarter / Pabel, Grundsatz, S. 646 Rz. 3. 4Siehe dazu und allgemein zur historischen Entwicklung in Liechtenstein Gstöhl, Recht, S. 20 ff. 5Vgl. Gstöhl, Recht, S. 30; LGBl. 1921 Nr. 15 i.d.g.F. 6Vgl. LGBl. 2003 Nr. 186.12
	        

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