Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

hochrangige Prinzipien des Rechtstaates.97Die Herleitungen dieser tra- genden Rechtsgrundsätze durch den Staatsgerichtshof sind oft nicht klar. Der Staatsgerichtshof behandelt die tragenden Rechtsgrundsätze als un- selbständige Verfassungsprinzipien, die nur in Verbindung mit dem Willkürverbot gerügt werden können.98Es ist aber denkbar, dass der Staatsgerichtshof die tragenden Rechtsgrundsätze im Laufe der Zeit von der Zuordnung zum Willkürverbot lösen und diese Grundsätze zu ei- genständigen ungeschriebenen verfassungsmässigen Rechten weiterent- wickeln wird.99 Grundsätzlich gilt, dass nicht bereits die einfache Verletzung eines tragenden Rechtsgrundsatzes gerügt werden kann, sondern erst krasse Verstösse gegen einen tragenden Rechtsgrundsatz das Willkürverbot verletzen.100Der Staatsgerichtshof hat in diesem Sinne festgehalten, dass er Verstösse gegen die tragenden Rechtsgrundsätze in der Regel nur auf Willkür überprüfe.101Der Staatsgerichtshof zählt zu diesen tragenden 326Hugo 
Vogt 15. September 2009, S. 13 f. Erw. 4.2, nicht veröffentlicht. Für die Schweiz siehe Uhlmann, Willkürverbot, S. 49 ff. 97Das Bundesgericht verwendet in seiner Rechtsprechung einen ähnlichen Terminus. Danach verstösst die krasse Verletzung eines unumstrittenen Rechtsgrundsatzes ge- gen das Willkürverbot. Im Unterschied zum Staatsgerichtshof zählt das Bundesge- richt zum Begriff der unumstrittenen Rechtsgrundsätze nicht nur «absolut hoch- rangige Prinzipien des demokratischen Rechtsstaates» (Thürer, Willkürverbot, S. 505), sondern auch andere Grundsätze aus zahlreichen weiteren Regelungsberei- chen wie beispielsweise dem Raumplanungsrecht, dem Beamtenrecht etc. Vgl. dazu Thürer, Willkürverbot, S. 505 ff.; Imboden, Schutz, S. 156 ff.; Uhlmann, Willkür- verbot, S. 49 ff. 98Im Gegensatz dazu haben sich der aus dem allgemeinen Gleichheitssatz abgeleitete Anspruch auf rechtliches Gehör und das Verbot der Rechtsverweigerung und der Rechtsverzögerung inzwischen verselbständigt und können selbständig angerufen werden. Vgl. dazu Hugo Vogt, S. 566 f., 595 und 605 in diesem Buch. Zur Unterschei- dung von verfassungsmässigen Rechten und den Verfassungsprinzipien im schweize- rischen Recht siehe Auer / Malinverni / Hottelier, Vol. I, Rz. 1893 ff. und Rz. 1904 ff. 99Vgl. im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts Thürer, Willkürver- bot, S. 506. 100Vgl. aber Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 53 ff., die kritisch anmerkt, dass die Verwendung des Begriffs «Willkür» in diesem Zusammenhang zu einer Schwächung dieser abgeleiteten Verfassungsprinzipien führe, da die Verwendung des Willkürbe- griffs zur falschen Vorstellung verleite, dass nur qualifizierte Verletzungen von Ver- fassungsprinzipien gegen das Willkürverbot verstossen würden. Vgl. auch Aubert, Willkürverbot, Rz. 30 ff.; Uhlmann, Willkürverbot, S. 54 f. und S. 268. 101Vgl. etwa: StGH 1997/23, Urteil vom 29. Januar 1998, LES 1998, S. 283 (286) im Hinblick auf den Grundsatz «in dubio pro reo». 42
	        

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