Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

Im Zusammenhang mit der Prüfung von Entscheidungen der Ge- richte und der Verwaltungsbehörden spricht der Staatsgerichtshof von der Relevanz der Grundrechtsverletzung oder von prozessökonomi- schen Erwägungen. Der Staatsgerichtshof hat das Kriterium der Rele- vanz folgendermassen umschrieben: «Es ist im Beschwerdefall weiters zu beachten, dass selbst unhalt- bare und somit willkürliche Rechtsauffassungen im Verfassungsbe- schwerdeverfahren nur dann relevante Grundrechtsverletzungen darstellen, wenn sie entscheidungswesentlich waren, wenn also der Urteilsspruch bei willkürfreier Lösung dieser Rechtsfrage anders ausgefallen wäre […].»57 Und zum Kriterium der prozessökonomischen Erwägungen hat der Staatsgerichtshof beispielsweise festgehalten: «Eine Entscheidung ist somit in der Regel nur dann willkürlich, wenn sie auch im Ergebnis willkürlich ist, nicht jedoch schon dann, wenn sie auf einer unhaltbaren Begründung beruht.»58 Die Argumentation des Staatsgerichtshofes, wonach eine willkürliche Entscheidungsbegründung alleine noch keinen Willkürverstoss darstellt, sondern das Entscheidungsergebnis willkürlich sein muss, trifft richti- gerweise nur für zusätzliche nicht notwendige Begründungen zu. Das heisst, wenn von mehreren Gründen, die eine Entscheidung einzeln tra- gen, nur einer willkürlich ist, kann die Individualbeschwerde aus pro- zessökonomischen Überlegungen beziehungsweise mangels Relevanz der Grundrechtsverletzung abgewiesen werden. Wenn dagegen sämtli- che Gründe der Entscheidung willkürlich sind, fehlt eine nachvoll - ziehbare Begründung gänzlich. Darin liegt jedenfalls eine Verletzung des Willkürverbots vor. Allenfalls kann hier zudem eine Verletzung des An- 316Hugo 
Vogt 57StGH 2003/58, Urteil vom 17. November 2003, S. 27, nicht veröffentlicht. Zum Kri- terium der Relevanz einer Grundrechtsverletzung siehe ferner StGH 1998/45, Ur- teil vom 22. Februar 1999, LES 2000, S. 1 (7); StGH 2001/32, Entscheidung vom 17. September 2001, S. 16 f., nicht veröffentlicht; StGH 2002/61, Entscheidung vom 18. November 2002, S. 14, nicht veröffentlicht; StGH 2003/84, Urteil vom 29. Juni 2004, S. 35 f., nicht veröffentlicht. Siehe auch Vogt, Willkürverbot, S. 197 ff. 58StGH 2005/67, Urteil vom 2. Oktober 2006, S. 18, nicht veröffentlicht. Siehe ebenso auch StGH 2005/25, Urteil vom 29. November 2005, S. 31, nicht veröffentlicht. Vgl. dazu auch Vogt, Willkürverbot, S. 202 ff. mit Rechtsprechungsnachweisen. 
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