3.3Nachteil als Voraussetzung des Verstosses gegen den allgemeinen Gleichheitssatz Der Gleichheitssatz ist strukturell neutral, das heisst, er sagt nur, dass «Gleiches gleich» zu behandeln ist, ohne die Richtung der Gleichbe- handlung festzulegen. Die Gleichbehandlung einer Person könnte ebenso in ihrer Besserstellung wie in der Schlechterstellung einer ande- ren Person erfolgen. Eine Person muss unseres Erachtens aber negativ betroffen sein, damit sie eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gel- tend machen kann.93 Der Staatsgerichtshof thematisiert diese Frage nicht als materiell- rechtliches Kriterium bei der Gleichheitsprüfung, sondern im Zusam- menhang mit den Sachentscheidungsvoraussetzungen für eine Indivi- dualbeschwerde unter dem Aspekt der Beschwer beziehungsweise des aktuellen Rechtsschutzbedürfnisses.94 3.4Keine Verletzung des Gleichheitssatzes durch unterschiedliche Behörden Nach Ansicht des Staatsgerichtshofes und der herrschenden Lehre wird die Rechtsgleichheit in der Rechtsanwendung nur in dem Fall verletzt, wenn die
gleiche Behördeden gleichen Sachverhaltohne sachliche Gründe unterschiedlich beurteilt.95Nach dieser Ansicht ist das Grund- recht auf Gleichheit vor dem Gesetz nicht verletzt, wenn das Gesetz von verschiedenen Behörden ungleich angewendet wird. Das heisst, eine völ- lig gleichmässige und einheitliche Praxis kann nur dann erreicht werden, wenn für eine bestimmte Bewilligung die Zuständigkeit auf nur eine ein- zige Behörde beschränkt ist.96Nach der Ansicht des Staatsgerichtshofes geht dies so weit, dass der allgemeine Gleichheitssatz selbst bei unter- schiedlichen Spruchkörpern desselben Gerichts keinen Schutz vor einer 271
Rechtsgleichheit und Grundsatz von Treu und Glauben 93Vgl. für Deutschland Lindeiner, Willkür, S. 119 ff. mit Hinweisen zur deutschen Lehre. 94Vgl. etwa: StGH 1998/25, Urteil vom 24. November 1998, LES 2001, S. 5 (6). Vgl. zu alldem Wille T., Verfassungsprozessrecht, S. 540 ff.; Höfling, Verfassungsbe- schwerde, S. 96 ff. 95Vgl. StGH 2009/6, Urteil vom 23. Oktober 2009, S. 18, nicht publiziert; StGH 2010/121, Urteil vom 8. Februar 2011, S. 15, Erw. 4.2, nicht publiziert. Vgl. auch Kley, Grundriss, S. 208 f. mit Nachweisen zur Rechtsprechung. 96Vgl. VBI 1986/32, Entscheidung vom 28. Mai 1986, LES 1987, S. 1 (1 f.). Vgl. zu all- dem auch Kley, Grundriss, S. 208 f. mit Nachweisen zur Rechtsprechung.36
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