Massgebend für seine Zurückhaltung bei der Prüfung von Gesetzen sind demokratietheoretische Überlegungen, und zwar zum einen die hohe demokratische Legitimation des Landtages66und zum anderen die di- rektdemokratischen Einrichtungen der Referendumsdemokratie.67Auch Gründe der Gewaltenteilung sprechen für eine zurückhaltende Recht- sprechung gegenüber Akten der Gesetzgebung.68 Nach Ansicht des Staatsgerichtshofes rechtfertigt gerade auch die Notwendigkeit der «Folgenberücksichtigung» eine restriktive Haltung gegenüber einer zu intensiven höchstrichterlichen Prüfung von Geset- zen. Dies gilt insbesondere dann, «wenn die Anerkennung von grund- rechtlichen Ansprüchen mit besonders schwerwiegenden und für das Gericht gar nicht überschaubaren finanziellen Belastungen der öffentli- che Hand verbunden wäre».69 Der Staatsgerichtshof hat die Kompetenz-Kompetenz festzulegen, wie die Aufgaben zwischen den gleichgeordneten Verfassungsorganen (Staatsgerichtshof und Gesetzgeber) ausgeübt werden sollen. Er hat da- bei seine Funktionen im von der Verfassung zugewiesenen Rahmen aus- zuüben und diesen auch auszufüllen.70 2.4Durchschnittsbetrachtungen, Pauschalierungen, Härteklauseln, Fristsetzungen und Stichtagsregelungen Aufgrund der bestehenden komplexen Lebenssachverhalte lässt sich der allgemeine Gleichheitssatz nicht lückenlos verwirklichen. Der Gesetzge- 264Andreas
Kley / Hugo Vogt opportun hält. Es geht einzig um die Frage, ob die gesetzliche Ordnung dem über- geordneten Recht genügt.» Vgl. ferner StGH 2003/75, Entscheidung vom 4. Mai 2004, S. 9, im Internet abrufbar unter <www.stgh.li>; StGH 2006/5, Entscheidung vom 3. Juli 2006, S. 14, im Internet abrufbar unter <www.stgh.li>. Für die Schweiz siehe Häfelin / Haller / Keller, Bundesstaatsrecht, Rz. 762 f. 66Vgl. etwa: StGH 1993/3, Urteil vom 23. November 1993, LES 1994, S. 37 (38). 67Siehe Wille H., Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 50 mit Nachweisen zur Rechtspre- chung. 68Vgl. StGH 2003/16, nicht publiziert, S. 5; StGH 2004/11, Urteil vom 29. November 2004, nicht publiziert, S. 9; siehe auch StGH 2011/17, Entscheidung vom 1. Juli 2011, nicht publiziert, S. 10. 69StGH 1994/19, Urteil vom 11. Dezember 1995, LES 1997, S. 73 (76). 70Vgl. dazu StGH 2006/5, Entscheidung vom 3. Juli 2006, S. 14, im Internet abrufbar unter <www.stgh.li>: «Wenn der Staatsgerichtshof prüft, ob die vom VGH als ver- fassungswidrig bewerteten Formulierungen des Art. 10 RAG [Gesetz vom 9. De- zember 1992 über die Rechtsanwälte, LGBl. 1993 Nr. 41] den Anforderungen an Eingriffe in die Handels- und Gewerbefreiheit genügen, ist zu berücksichtigen, dass
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